Igensdorfer Peter Hücker bezwingt den Ärmelkanal
10.9.2014, 07:00 UhrNoch im Krankenhaus hat der Junge, bei dem die Ärzte zweifeln, ob er nach einem Schien- und Wadenbeinbruch jemals wieder laufen kann, einen Traum. Den Traum, die 34 Kilometer lange Strecke zwischen dem englischen Dover und dem französischen Calais als Schwimmer zu durchqueren. Dieser Junge hieß Peter Hücker. Vier Jahrzehnte sollte es dauern, bis er seinen Traum wahrmacht.
2009 versucht Hücker zum ersten Mal, den Ärmelkanal zu durchschwimmen. Er scheitert. 2011 nimmt er den nächsten Anlauf – und scheitert. 2013 versucht er es gleich mehrfach. Vorher geht Hücker bei Apnoetauchern, die sich ohne Sauerstoffgerät minutenlang unter Wasser fortbewegen, in die Lehre. Doch es klappt wieder nicht. Starke Windböen machen den erfolgversprechendsten Versuch zunichte.
Im eiskalten Loch Ness
Am vergangenen Samstag bricht Hücker am frühen Morgen ein weiteres Mal in das kalte Ärmelkanal-Wasser auf. Der Wind bläst diesmal nur wenig, ab und zu zeigt sich die Sonne. „Für Kanalschwimmer war es wettermäßig bisher der beste Tag des Jahres“, erzählt der Igensdorfer später. Seine Strategie: „Nichts als schwimmen. Und solange schwimmen, bis ich drüben bin.“
Die Vorbereitung führte den Unternehmensberater, der auch heuer wieder den Triathlon in Roth absolvierte, bis ins sagenumwobene Loch Ness, den kältesten See Großbritanniens. Zehn Tage verbringt Hücker dort, ist insgesamt 32 Stunden im zwölf Grad kalten Wasser. Einmal schwimmt er sechs Stunden und 20 Minuten am Stück. „Da wusste ich: Ich kann die Kälte ab.“
Es läuft gut für Peter Hücker dieses Mal im Ärmelkanal. Er schwimmt kraftvoll und gleichmäßig. Die Nahrungsaufnahme – seine Crew reicht Hücker das Essen mithilfe einer Angel – klappt reibungslos, dauert nicht einmal acht Sekunden. „Eine Riesenleistung“ habe sein Team vollbracht, sagt Hücker. Er habe realisiert, dass die erfolgreiche Ärmelkanal-Querung nicht seine Leistung als Schwimmer sei, sondern die Leistung eines Teams.
„Jetzt hörst du auf"
Und doch wird es ein paar Mal richtig eng. Nach 21 Stunden Schwimmen hat Hücker Schmerzen in der Schulter. „Der innere Schweinehund sagt: Jetzt hörst du auf“, erinnert er sich. Die Crew reicht ihm eine Extraportion Nahrung. „Sie nannten es das Power Pack. Ich weiß bis heute nicht, was drin war. Und sie forderten mich auf, jetzt alles zu geben.“
Hücker wendet an, was er in seinen Mentaltrainings gelernt hat. „Ich habe die Schmerzen ausgeblendet.“ Er nimmt sich noch einmal 2000 schwung- und kraftvolle Züge vor. Dann nimmt er sich weitere 2000 Züge vor. Er kommt nicht dazu, sie zu beenden. „Irgendwann habe ich dann Bewegungen bei der Besatzung bemerkt“, erzählt er. Das Boot, das ihn begleitet, bleibt zurück. Nur noch ein kleines Beiboot ist fortan an seiner Seite. Am Sonntagmorgen, 5.40 Uhr, spürt Peter Hücker den Sand der französischen Küste unter seinen Fingern. 23 Stunden und fünf Minuten ist er ununterbrochen geschwommen. Auf dem Boden zusammengesunken, von Krämpfen geplagt bringt das Boot Hücker zurück nach Dover. Er hat es geschafft.
Peter Hücker schwamm wieder für einen guten Zweck. Er bittet unter dem Stichwort „Schwimm und hilf“ um Spenden für den Auhof im Landkreis Roth, eine Einrichtung für Behinderte. Bankverbindung: EKK Bank, BLZ 520 604 10 , Konto 202 501 015.
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