Juden im Fußball: Gefeiert und ausgegrenzt
22.10.2012, 11:55 UhrEinen geeigneten Ort für die Ausstellung fand Haas schnell – die staatliche Realschule Gräfenberg, hat sie sich doch selbst das Profil vorgegeben, eine „Schule ohne Rassismus“ zu sein, und dies auch immer wieder mit besonderen Veranstaltungen unter Beweis gestellt. Nun wurde die Ausstellung offiziell eröffnet.
Natürlich oblag es dem gut aufgestellten Schulchor unter der Leitung von Irmi Reck und dem Bläserensemble von Wolfgang Distler, zum Auftakt die richtigen Töne zu finden, die Besucher entsprechend zu sensibilisieren. Konrektor Jürgen Kemeth als Geschichtslehrer oblag es, die richtigen Worte zu finden, nachdem Rektorin Gertrud Eismann und ihr Stellvertreter Klaus Vogler die Gäste begrüßt hatten.
Die Ausstellung vermittelt hochinteressante Einblicke: Ohne die jüdischen Enthusiasten hätte Fußball wohl niemals in Deutschland einen solchen Stellenwert erreichen können. Einige Namen werden immer wieder genannt, die für diese Sportart Pionierarbeit geleistet haben, aber inzwischen längst in Vergessenheit geraten sind.
So zeigt die Schau die Entwicklung des Fußballs in Deutschland anhand von fünf Protagonisten auf: Walther Bensemann (1873—1934), Gründer des populären Fußballmagazins kicker, Gottfried Fuchs (1889—1972) und Julius Hirsch (1892—1943), beides Fußballer beim Karlsruher FV, einem der damals erfolgreichsten Vereine Deutschlands, Kurt Landauer (1884—1961), ehemaliger Präsident des FC Bayern München, und Richard „Little“ Dombi, eigentlich Richard Kohn (1888—1963), der den FC Bayern München nach 1933 verlassen hat.
Glossen gegen Nationalismus
Walther Bensemann etablierte den Fußball aus seinem Mutterland England in Deutschland, schon 1920 rief er die Fußballzeitschrift ins Leben. Er war Inhaber, Herausgeber und Chefredakteur zugleich. Ganz bewusst wählte er den englischen Titel kicker. Die betont unabhängige Berichterstattung sah Walther Bensemann als „Symbol der Völkerversöhnung durch den Sport“.
Bensemanns Glossen wenden sich gegen das aufkommende Spießertum und gegen den wachsenden Nationalismus im Sport. Bis heute gehören sie zu den besten Publikationen des Sportjournalismus. Legendär sind auch die beiden Fußballer Fuchs und Hirsch, die im Karlsruher Innensturm imponierten, dem damals ein sagenhafter Ruf vorausging. Sogar der spätere Trainer der Deutschen Nationalmannschaft, Sepp Herberger, konnte sich an die Karlsruher Spieler erinnern, die er schon als Kind bewunderte. Gottfried Fuchs und Julius Hirsch gehörten von 1911 bis 1913 zu den bedeutendsten Spielern der Nationalmannschaft.
Als Mitglied ausgeschlossen
Die Ausstellung macht eine Entwicklung deutlich, die sich langsam durch alle Schichten des deutschen Volkes fraß. Nach den Nürnberger Rassegesetzen wurde der „Arierparagraph“ angenommen, der alle Vereine dazu verpflichtete, die jüdischen Mitglieder aus ihren Reihen auszuschließen.
Die Ausstellung greift auch die Neugründung eines jüdischen Sportvereins 1947 im Berlin der Nachkriegsjahre auf und zeigt den teilweise immer noch latenten Antisemitismus bis in die heutige Zeit am Beispiel der antisemitischen Schmierereien am Westfalenstadion in Dortmund 2004 und im Heinz-Steyr-Stadion, der Spielstätte des Dresdner SC, ein Jahr später.
Konrektor Jürgen Kemeth versprach, die Ausstellung nicht nur den Schülern zugänglich zu machen, sondern gerne auch anderen Schulen, Klassen oder sonstigen Interessenten.
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