Landkreis Forchheim: Die "friedliche Botschaft des Islams" landet in den Briefkästen
8.3.2019, 17:36 UhrImam Mansoor Ghuman zögert, vor der Pressekonferenz in Forchheim einer Journalistin eines lokalen Fernsehsenders die Hand zu geben. Am Ende schüttelt er sie zwar, erklärt aber, dass dies nicht erlaubt sei in der Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) Gemeinde. Die zweite Journalistin wird ohne Händedruck begrüßt.
Die Religionsgemeinschaft beschreibt sich selbst als orthodox, will das aber nicht missverstanden wissen. "Damit ist gemeint, dass wir die ursprünglich friedliche Lehre des Islam leben", sagt Imam Ghuman. "Jede Glaubensgemeinschaft hat ihre Regeln", sagt er. "Die Liebe zu dem Land, in dem wir wohnen, ist Teil des Glaubens." Die Lehre des Islams gebiete es, gesetzlich und loyal, gar "patriotisch für Deutschland" zu sein. Sie wollen ein Miteinander.
Terror rückt Islam in falsches Licht
Der Imam will damit zeigen: Der Islam ist ein Teil der hiesigen Gesellschaft, weil er ihre Regeln nicht nur akzeptiere sondern verteidige. In Forchheim wie auch in vielen anderen Städten in Deutschland zuvor, betont er bei den Konferenzen vor Ort stets: "Unser Ziel ist es, in Frieden und Harmonie mit den Mitmenschen leben zu können." In einer Presseerklärung heißt es: "Angesichts des im Namen des Islam verübten, unsäglichen Terrors fühlen wir uns als Muslime dazu verpflichtet, die Bevölkerung über Heimatliebe und Loyalität gegenüber dem Land als Teil des Islams aufzuklären." Das ist das Ziel hinter der Kampagne, die deutschlandweit in allen Landkreisen vor Ort sein will.
Das Schema ist dabei immer gleich: Vorurteile und Ängste will Ghuman auch in Forchheim abbauen, indem er offene Gesprächsrunden anbietet, bei Infoständen in der Fußgängerzone mit Passanten ins Gespräch kommt oder über Flyer in Briefkästen die Menschen informiert. Die Infobroschüren sollen in allen 29 Landkreisgemeinden demnächst in den Briefkästen liegen.
"Eine schwierige Krise"
Es ist ein Versuch, "die ursprüngliche friedliche Lehre des Islams wieder herzustellen", so der Imam mit Blick auf Terroranschläge fanatischer Extremisten, die unter anderem im Namen des angeblichen Islamischen Staates verübt werden. "Das sind keine Muslime", sagt Imam Ghuman, der in der Region Reutlingen tätig ist. Dies habe den Islam in eine "schwierige Krise" gebracht. Im Dialog will er gegen eine fortschreitende Spaltung der Gesellschaft vorgehen, Menschen und Religionen im Gespräch wieder zueinander bringen. "Dort, wo sich die Menschen am wenigsten kennen, herrschen die größten Vorurteile."
Fünf Personen zählt die Religionsgemeinschaft nach eigenen Aussagen in Forchheim, 100 Mitglieder sollen es in Erlangen sein. Die noch schwach ausgeprägte Struktur in Forchheim, unterstützen Mitglieder aus Nürnberg, dort gibt es eine größere Gemeinde und ist die Ahmadiyya-Vereinigung im sogenannten Rat der Religionen engagiert. Diesem gehören Vertreter sechs unterschiedlicher Glaubensrichtungen an. Vorsitzender ist Stadtdekan Jürgen Körnlein.
Kritik an Mehrehe
Die AMJ-Gemeinde trete für die Gesetze und die Trennung von Staat und Religion in Deutschland ein. So akzeptiere man das Verbot der Mehrehe, verteidigt aber die Glaubensauffassung, eine zweite Frau zu haben. Nicht aus Gründen der Lust, betont der Imam, sondern in Notsituationen wie im Krieg. Eheschließungen zwischen Mitgliedern werden bevorzugt, mit der Erlaubnis der Gemeinschaft könne auch darüber hinaus geheiratet werden. Diese Positionen sind in der Öffentlichkeit umstritten.
Infostände sind im März in Gräfenberg, Ebermannstadt und Forchheim (Samstag, 23. März; Donnerstag 4. April) angekündigt. Ein Diskussionsabend für nicht-muslimische Bürger ist für Forchheim in Planung. In zwei Gemeinden will AMJ einen Friedensbaum pflanzen.