Nach 12 Jahren: Naturstrom kehrt Forchheim den Rücken
18.10.2016, 06:00 UhrEin Teil der Mitarbeiter zieht nach Eggolsheim. Der Rest soll 2017 folgen. Es geht um Wachstum und das Gefühl, in Forchheim nichts bewirken zu können. Eigentlich will Thomas Banning das Thema Wegzug und die Gründe gar nicht so hoch hängen. Klar könne man als Stadt so agieren, wie es Forchheim getan habe, betont der 60-jährige Vorstandsvorsitzende. "Aber das ist kurzsichtig", muss er dann doch hinzufügen.
Ende des Jahres zieht ein erster Teil der Mitarbeiter nach Eggolsheim, im Juli 2017 soll dann die gesamte Forchheimer Belegschaft im ehemaligen Lindner-Gebäude unterkommen.
Es gibt nicht nur einen Grund, warum die Naturstrom AG Forchheim verlässt. Zum einen fühlte sich das Unternehmen in Forchheim nicht willkommen, zum anderen gab es keine geeigneten Expansionsmöglichkeiten und zum dritten spielen die Mitarbeiter eine Rolle.
Zur Willkommenskultur: Vor allem als Franz Stumpf noch die Regie in Forchheim führte, habe die Stadt kein Interesse am Konzern gezeigt. Welche Aktivitäten Banning auch unternahm, um mit Forchheim ins Geschäft zu kommen: "Wir wurden als Konkurrenz zu den Stadtwerken gesehen. Bei etwa 30 Endkunden, die wir hier haben." E-Tanksäulen am Paradeplatz, großflächige PV-Anlagen auf den Dächern und mehr - keines der Projekte gelang. Nicht dass es böses Blut gegeben habe, man habe sich mit den Stadtwerken getroffen. Das Ergebnis: nette Gespräche. Dabei sieht sich Banning als Kooperationspartner. "Wir hätten uns vom Knowhow her gut ergänzt. Die Stadtwerke haben die Netzkompetenz und wir wissen, was Öko-Strom und Innovation ist."
Mieten, kaufen oder neu bauen
Schon seit ein paar Jahren sucht die Naturstrom AG einen neuen Standort für etwa 100 Mitarbeiter. Aktuell arbeitet das Personal im alten Blank-Gebäude in der Äußeren Nürnberger Straße und am Paradeplatz über dem Rewe-Supermarkt. "Wir haben uns nach Immobilien und Grundstücken umgeschaut, wollten mieten, kaufen, oder neu bauen. Wir haben die Stadt eingeschaltet. Nie hat etwas geklappt", sagt Banning. Im Stadtrat hat sich Wirtschaftsförderer Viktor Naumann deshalb schon rechtfertigen müssen. Dass er mehrere Grundstücke angeboten bekommen habe, stimme, sagt Banning. Die Auswahl aber zeigte, dass die Stadt offensichtlich nicht richtig verstanden hat, um welches Unternehmen es sich hier handelt. Wer Öko-Energie produziere, der wolle nicht direkt neben einer Tankstelle sein Gebäude errichten.
In Eggolsheim wurde die Naturstrom AG von Bürgermeister Claus Schwarzmann mit offenen Armen empfangen. Hier ist die AG auch als Unternehmen engagiert: Seit diesem Jahr läuft der Stromliefervertrag mit der Gemeinde. Auch andere Kommunen im Landkreis greifen auf das Knowhow zurück. In Hallerndorf baut Naturstrom gerade ein Nahwärmenetz, in Hiltpoltstein versorgt eine Biogasanlage des Unternehmens unter anderem die Schule und mehrere Gewerbebetriebe mit Wärme. In Egloffstein sei man in Verhandlungen.
So lange es im Landkreis genug zu tun gibt, soll der Standort Eggolsheim erhalten bleiben. Auf jeden Fall aber wird ein Teil der Mitarbeiter in vier bis fünf Jahren in ein neues Gebäude nach Bamberg ziehen. Wie viele andere Firmen muss die Naturstrom AG um qualifizierten Nachwuchs kämpfen. "Wir haben vor allem junge Mitarbeiter, die wollen ein Nachtleben, Ausgehmöglichkeiten", sagt Banning. Da zieht die Studentenstadt Bamberg einfach mehr.
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