Nur noch kurz die Welt retten

18.6.2013, 16:45 Uhr
Nur noch kurz die Welt retten

© Udo Güldner

„Messa di Voce“, der Chor des Jungen Theaters, angenommen. In der Forchheimer Gereonskapelle wollten die 22 Stimmen um ihren Dirigenten Ingo Behrens „mal kurz die Welt retten“.

Weil die Rettung der Welt in der virtuellen Realität einfacher ist, als in der rauen Wirklichkeit, stürzt sich das Ensemble auf phantastische Welten, die Moderator Lorenz Deutsch von Level zu Level hebt. „Messa di Voce“ wissen , wo sie hinwollen. Ihr präziser, vom Doo-Wop und seinen Nonsenssilben geprägter Gesang wirkt bei „I don’t want to set the world on fire“ ungeheuer lebendig und kraftvoll, angesichts des tragischen Sujets beinahe etwas zu gelassen. Das Weltuntergangslied ist dem Computerspiel „Fallout 3“ unterlegt,

Da kommt es gelegen, dass der Chor im Stil von Tim Bendzko „Nur noch kurz die Welt retten“ will. Dann schlägt die Stunde der Helden. Solche, die David Bowie in seinen „Heroes“ besingt, die trotz aller Gefahren „Helden sein (wollen), nur für einen Tag“. Denn die althergebrachten Titanen sind inzwischen in die Jahre gekommen.

„Gabriella’s Song“, das sehnsuchtsvolle schwedische Lied aus dem Film „Wie im Himmel“, kommt ebenso melancholisch daher wie Samuel Barbers „Adagio for strings“, dessen „Miserere“ die 22 Stimmen mit solchem Gefühl hauchen, dass der vielgehörte Ohrwurm dennoch nicht in kitschige Gefilde abgleitet.

Erst im Tod ein Held

Auf ihrer „Mission Impossible“ legen sich „Messa di Voce“ mit Lalo Schifrin und den Wise Guys an, und haben dank ihrer vokalen Fähigkeiten das Glück, dass sich der Song nicht in fünf Sekunden selbst zerstört. Aber Helden haben nun mal die unangenehme Gewohnheit, erst durch ihren Tod zu Helden zu werden.

Weshalb Brian May im „Highlander“ zurecht fragt „Who wants to live forever?“. Ein unsterblicher Mann, der nie altert und seine Geliebte, die neben ihm verwelkt und schließlich stirbt, das ist spätestens seit Oscar Wildes „Dorian Gray“ ja ein literarischer Topos. Vielleicht bedarf es deshalb ja Georg Neumarks „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Dieses vom Gottvertrauen und der Hoffnung geprägte Trostlied aus den schrecklichen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges weist zurück auf schlimme Zeiten, die Jahrhunderte zurückliegen.

Auch damals schien es mit der Menschheit zu Ende zu gehen — und ging doch irgendwie weiter. Mit Tanner Hellands deprimierendem „Game Over“ schließt das Konzert. Am Ende ist die Welt zwar nicht gerettet, aber es hat sich wunderbar angefühlt, den Helden zu spielen. Zwei Stunden lang haben sich „Messa di Voce“ und ihre rund 100 Zuhörer von Max Haberreckers Videoinstallation entführen lassen. Nun wartet wieder der harte Alltag. Bis es demnächst wieder heißt: „Messa di Voce — übernehmen sie!“

Das Konzert wird am Samstag, 22. Juni, um 20 Uhr noch einmal in St. Gereon aufgeführt. Karten gibt es im Jungen Theater, bei der Töpferei Kramer (Nürnberger Straße 14b) oder im H&E-Ticketservice (Marktplatz 1). Mehr im Internet unter www.jtf.de.

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