Unerwünschter Parkdienst dreht in Forchheim seine Runden

Patrick Schroll

Redakteur Nordbayerische Nachrichten Forchheim

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12.6.2018, 06:00 Uhr
Unerwünschter Parkdienst dreht in Forchheim seine Runden

© Foto: Roland Huber

 

Es ist eine neue Spezies, die sich in der Stadt ausgebreitet hat. Von Montag bis Freitag ist sie zum ersten Mal meist rund um die Mittagszeit zu beobachten. Gelegentlich auch noch ein zweites Mal im Laufe des Tages. Bei genauerem Beobachten fällt ihre Tarnung schnell auf, denn bei ihren Rundgängen schleicht sie sich gleich in mehrere Autos nacheinander. Ihr Revier: hauptsächlich Parkplätze, die sich mit der Parkscheibe für vier Stunden kostenlos nutzen lassen. Ihr Fokus: das Rad.

Sie drehen das kleine, meist weiße Rädchen der Parkscheibe nach vorne. Besonders scheu reagiert sie auf Parküberwacher der Stadt.

System hat Dauerparker produziert

Viele dieser Vier-Stunden-Parkplätze nutzen Angestellte, die in der Stadt ihren Arbeitsplatz haben, sagt Roland Brütting. "Es gibt Einrichtungen, von denen uns bekannt ist, dass einer der Beschäftigten mit den Schlüsseln der Kollegen seine Parktour dreht und die Parkscheiben in den Autos weiterdreht." Ein Einzelfall? Keineswegs. "Dieses Phänomen nimmt zu", beobachtet der Chef des Straßenverkehrsamts der Stadt.

Vier Stunden kostenlos mit der Parkscheibe das Auto abstellen, hat in verschiedenen Straßenzügen in Forchheim Dauerparker produziert.

Wer sich über den Arbeitstag rettet, indem er einfach die Parkscheibe verdreht, kann trotzdem einen Strafzettel riskieren. "Die Kontrolle ist aber aufwendig", sagt Brütting. Im Amt werde deshalb intern überlegt, ob die "großzügige Vier-Stunden-Regelung" bald der Vergangenheit angehört. Das Nachsehen hätte dann aber der regelkonform Parkende, gibt Brütting zu bedenken.

Man kann nur "schlecht" darauf reagieren

Der spezielle Kollegen-Parkdienst drehe vor allem im Bereich der Egloffstein/Birkenfelder Straße seine Runden. Zu größeren Problemen komme es neuerdings auch in der Torstraße in der Nähe zum Streckerplatz. "Dort drängen sich die Dauerparker in den Straßenabschnitt", so Brütting, seitdem der Parkplatz am Landratsamt wegen der Sanierungsarbeiten nicht komplett genutzt werden kann.

Mindestens 30 Parkplätze seien seit Beginn der Arbeiten weggefallen, sagt Holger Strehl, Pressesprecher am Landratsamt. Und nach der Sanierung "werden wir dauerhaft weniger Parkplätze für dann mehr Mitarbeiter zur Verfügung haben." Darauf könne das Landratsamt nur "schlecht" reagieren, sagt Strehl auf NN-Nachfrage. "Wir müssen dann wohl, wie auch Beschäftigte der Stadt, auf öffentliche und kostenlose Parkplätze ausweichen."

Bei der Stadt ist das Parken ein Dauerthema. Das Drehen am Parkscheiben-Rädchen beschreibt Britta Kurth, Pressesprecherin der Stadt, als eine unwillkommene aber "übliche Praxis". "Wir schauen uns nach modernen Konzepten um und beobachten, wie andere Städte damit umgehen", sagt sie. Jedes neue System müsse gut durchdacht sein, weil es Geld kostet.

Ziemlich weit oben auf der Agenda steht das Thema auch bei Elena Büttner, der neuen Citymanagerin Forchheims. Zeit, sich ausgiebig damit zu beschäftigen, hatte Büttner noch nicht. Als eine der erste Aufgaben musste sie zunächst das Altstadtfest verarzten und sich um die Organisation des Ersatz-Festes "Anstattfest" kümmern (wir berichteten).

Ausverkaufte Dauerparkplätze

Für wen die Vier-Stunden-Parkplätze übrigens einst gedacht waren, ist für Roland Brütting eine offene Frage. Denn für den Einkäufer in der Innenstadt seien vier Stunden zu viel, für Halbtagskräfte, die in der Stadt arbeiten, zu wenig. Letztere Tatsache "lädt zum Missbrauch ein", sagt Brütting.

Für ihre eigenen Mitarbeiter hält die Stadt den Schotterparkplatz in der Straße "Am Schießanger" bereit, der sich auf Höhe des Fußgängerüberwegs in Richtung Burk befindet. Außerdem können Stadtangestellte mit entsprechendem Ausweis auf dem Parkdeck in der Birkenfelder Straße und im Bereich des Gartenamtes in der Dechant-Reuder-Straße parken.

Ansonsten müssten sich die Angestellten privat um Dauerparkplätze kümmern. Diese gibt es, auch für die breite Öffentlichkeit, im Parkhaus am Kronengarten für 60 Euro im Monat. Fünf Plätze sind dort noch frei. In der Tiefgarage am Paradeplatz (80 Euro monatlich) müssen sich Suchende auf einer Warteliste eintragen. Für Berufstätige bräuchte es kostenlose Parkplätze, die dann auch ein paar Fußminuten vom Zentrum entfernt sein dürften, so Brütting.

Nicht begeistert war die Stadt ob der angespannten Lage deshalb, als die Folienfabrik Infiana ihren Parkplatz zwischen Blank-Gebäude und Jahn-Gelände verkauft hatte (wir berichteten). Ein Teil des an die Schultheiß Projektentwicklung AG verkauften Areals soll für eine Wohnbebauung und den Bau eines Parkhauses genutzt werden, in dem die Mitarbeiter dann parken können. Und während der Bauzeit? "Bitte nicht im öffentlichen Raum auf unseren Straßen", sagte OB Uwe Kirschstein (SPD) im Mai.

Druck nimmt weiter zu

Die Mitarbeiter des Klinikums Forchheim hingegen müssen nicht um öffentliche Stellplätze konkurrieren. Für zehn Euro im Monat können sie im angegliederten Parkhaus parken. "Die meisten nehmen das Angebot auch in Anspruch", sagt Klinikchef Sven Oelkers. Da auch Besucher das Parkhaus nutzen, "gibt es auch Tage, an denen die Parkplätze knapp werden". Der Drei-Schicht-Betrieb entspanne die Stellplatzsituation.

Dass der Druck auf Parkflächen weiter zunimmt, ist ein offenes Geheimnis. Roland Brütting will demnächst ein Gespräch mit dem OB und der Stadtpolitik führen. Doch zunächst müssen Konzepte ausreifen. 

 

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