Vor Gericht: Streit auf der Hirschaider Kerwa

07.02.2017, 18:49 Uhr
Vor Gericht: Streit auf der Hirschaider Kerwa

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Ein 20-jähriger Syrier mit Ausbildungsgenehmigung aus Forchheim war beschuldigt worden, im vergangenen Herbst betrunken eine junge Frau auf dem Kirchweihgelände in Hirschaid festgehalten, geschlagen und ihr an die Brust gefasst zu haben.

Nachdem Staatsanwältin Kerstin Harpf den Sachverhalt vorgetragen hatte, bestritt der Angeschuldigte alles: „Was gesagt wurde, ist alles falsch.“ Er verstehe auch nicht, warum die junge Frau das behaupte; vielleicht sei sie eifersüchtig.

Nachricht nicht beantwortet

Auf die Fragen des Jugendrichters ließ der Beschuldigte teils übersetzen, teils antwortete er selbst in Deutsch, dass er der jungen Frau eine Nachricht geschickt, diese jedoch nicht geantwortet habe. Er kenne sie vom Annafest und sie habe ihm immer wieder zugewunken. In Hirschaid habe er nur fünf Minuten mit ihr gesprochen. Außerdem sei er von der Security geschlagen worden, so dass er sich habe übergeben müssen.

Die junge Frau, eine 19-jährige Auszubildende aus Hirschaid, dagegen schilderte, dass der Angeklagte sie auf die Nachricht angesprochen habe, sie angeschrien, am Finger festgehalten und mit der flachen Hand auf den Kopf geschlagen habe, weil sie nichts von ihm wissen wollte. Danach sei sie mit ihrer Freundin zur Freundin des Angeklagten gegangen und habe sie gewarnt. Als der Beschuldigte seine Freundin an einen Lkw gedrückt habe, wollten die 19-Jährige und ihre Freundin helfen. Da habe er sie mit der Faust auf die Brust geschlagen.

Sie gab an, zur Beobachtung ins Krankenhaus gebracht worden zu sein und längere Zeit Schmerzen gehabt zu haben. Zudem konnte sie der Staatsanwältin und dem Richter die Nachricht, die mit vielen Herzchen-Smileys begann, zeigen.

Die junge Frau sagte aus, dass der Beschuldigte sie nicht an der Brust angefasst habe. Zudem hatte sie beobachtet, dass die Security den Beschuldigten zu Boden gebracht, aber nicht geschlagen habe. Ihre Freundin bestätigte diese Aussagen. Danach wurde die Zwillingsschwester der Freundin des Angeklagten befragt, eine 17-jährige Schülerin, die gesehen haben wollte, dass der Beschuldigte zehn Minuten lang mit der Geschädigten gestritten habe. Danach hätte diese einfach so behauptet, dass sie Schmerzen habe. Auf Nachfrage von Richter Förtsch gab sie jedoch zu, dass sie nicht wisse, was am Anfang passiert sei. „Dann ist das alles Vermutung“, schimpfte Förtsch. Staatsanwältin Kerstin Harpf belehrte die Zeugin nochmals, die dann bestätige, dass der Angeklagte betrunken gewesen sei.

Die letzte Zeugin, eine 16-jährige Schülerin aus Hirschaid gab sie ihre Beobachtungen zu Protokoll, die von den übrigen Aussagen sehr abwichen. Sie hatte gesehen, dass die beiden eine halbe Stunde gestritten haben sollen. Danach habe der Angeklagte die Geschädigte verlassen wollen und diese habe seine Hand festgehalten.

Dazu meinte Richter Philipp Förtsch: „Ich hoffe mal, dass sie vom selben Vorfall und dem selben Tag berichten.“ Die Staatsanwältin wollte den Polizisten anhören, der den – nach Aussage des Angeklagten – falschen Bericht aufgenommen hatte.

Vorher Absprachen getroffen

Um diesen erreichen zu können, ordnete Förtsch eine Unterbrechung der Sitzung an. In dieser wies die Freundin der Geschädigten die Staatsanwältin darauf hin, dass die beiden letzten Zeuginnen ihre Aussagen vor dem Sitzungssaal abgesprochen hätten.

In ihrem Plädoyer forderte Staatsanwältin Kerstin Harpf 110 Tagessätze zu je zehn Euro und war der Ansicht, dass der Beschuldigte nach dem Erwachsenenrecht beurteilt werden müsse. Der junge Syrier gab an, dass er Flüchtling sei und in Deutschland Liebe suche. Zudem würde er Frauen nicht schlagen, wenn viele Leute dabei seien.

Richter Förtsch hielt die Aussagen der Geschädigten und ihrer Freundin für glaubwürdig und verurteilte den jungen Mann wegen Körperverletzung und Nötigung zu 100 Tagessätzen zu je zehn Euro.