Das Fürther City-Kinocenter ist am Ende
9.3.2012, 09:00 Uhr"Das tut uns weh, das drückt auf die Tränendrüse“, sagt Alfred Ach. 34 Jahre lang hat der 56-Jährige das Kinocenter an der Rudolf-Breitscheid-Straße betrieben, jetzt ist abrupt die letzte Klappe gefallen. Die Tage des „City“ waren zwar ohnehin gezählt, denn der Mietvertrag läuft nur noch bis Ende April, dann muss dem geplanten neuen Einkaufsschwerpunkt Platz gemacht werden. Doch nun ging es notgedrungen viel schneller.
Zwei Wochen lang, in denen das Kino bereits geschlossen war, habe man mit Technikern diskutiert, Testläufe gemacht und mit sich gerungen — dann aber kapitulieren müssen: Die Heizung war dermaßen demoliert, dass die Reparatur einen fünfstelligen Betrag verschlungen hätte. Nicht mehr rentabel bei gerade einmal zwei Monaten Restspielzeit, befand Ach.
Vor seinem geistigen Auge läuft seitdem alles noch einmal ab: die Eröffnung im Jahr 1978 mit dem Hollywood-Musical „Grease“, in der Hauptrolle John Travolta, an der Fürther Kasse eine Schlange bis hinaus auf die Straße; später immer wieder Premieren, bei denen Hauptdarsteller und Regisseure zu Gast waren: Thomas Gottschalk etwa, Katja Riemann, Til Schweiger, Joseph Vilsmaier. Und Inge Meysel, die bis halb eins „ganz gemütlich beim Piccolöchen“ im Foyer saß und munter plauderte, wie Alfred Ach erzählt. Persönlich hat er die resolute „Mutter der Nation“ dann über die Straße ins Park-Hotel geleitet, das es seit dem Herbst 2010 auch nicht mehr gibt.
Nette Erinnerungen
Schöne Zeiten seien das gewesen, von denen „viele nette Erinnerungen“ bleiben — kaum vorstellbar für die Besucher der letzten Jahre, die ein reichlich heruntergewirtschaftetes Kino-Center, veraltet in Technik und Einrichtung, erleben mussten. Angesichts des seit längerem vorhersehbaren Endes war kaum noch in das Haus investiert worden.
In den kommenden Monaten soll nun unter die Leute gebracht werden, was übrig ist: Kinosessel, Poster, Technik und anderes Inventar, das sich in einem gewaltigen Lagerraum bis unter die Decke stapelt. An beinahe jedem Stück hängt eine eigene Geschichte, „das werden schwere Wochen für uns“, prophezeit Ach, dessen Familie in dritter Generation Kinos betreibt.
Seit einiger Zeit freilich hellt eine neue Perspektive seine Stimmung etwas auf: Nachdem es lange nicht danach ausgesehen hatte, könnte Ach in seiner Heimatstadt Fürth wieder eine Kino-Zukunft haben. Wie berichtet, hat die Stadtspitze unter dem stetig wachsenden Druck der Öffentlichkeit ihre Bemühungen forciert, ein modernes Filmtheater im Zentrum zu ermöglichen. Im Gespräch ist entweder ein Standort in den Obergeschossen des neuen Einkaufsschwerpunkts oder aber ein Grundstück auf dem brachliegenden Bahngelände an der Gebhardtstraße.
Hohe Kosten
Wie der städtische Wirtschaftsreferent Horst Müller am Mittwoch auf FN-Anfrage sagte, werden momentan „beide Alternativen mit großer Intensität geprüft“, eine Entscheidung erwartet er noch im März. Viel lässt sich Müller nicht entlocken, doch klar sei inzwischen: Die Variante im Einkaufsschwerpunkt, bei der sich die Stadt voraussichtlich finanziell erheblich einbringen müsste, rechne sich laut einem Gutachter erst mit mindestens sechs Sälen; von vier war man zuvor ausgegangen.
Das treibt die Kosten — zu sehr vielleicht? „Genau das wird jetzt untersucht“, sagt Müller und klingt dabei nicht allzu optimistisch. „Wir können uns ja nicht in unabsehbare finanzielle Risiken begeben.“
„Sehr vielversprechend“, so Müller, laufen indes die Verhandlungen über das Grundstück an der Gebhardtstraße, nahe dem Bahnhofshochhaus. Eigentümer ist die Bundeseisenbahn-Vermögensverwaltung, kaufen würde es zunächst die Stadt und unter der ausdrücklichen Bedingung weiterveräußern, dass hier binnen einer klar umrissenen Frist ein Lichtspielhaus entsteht. „Dadurch hätten wir das Gesetz des Handelns in der Hand“, sagt Müller.
In welcher der Spielarten auch immer: Erste Wahl als Betreiber wäre Lokalmatador Ach. Der liebäugelt zwar noch immer mit einem Kinoneubau beim früheren Quelle-Retourenlager in der Südstadt, könnte sich aber sehr gut mit dem Standort an den Bahngleisen anfreunden, wie er versichert. Denn ebenso wie die Stadtoberen hält er die citynahe Lage für „sehr sinnvoll“. Hätte er erst Grundstück und Baugenehmigung, könnte in Achs Augen alles rasant vonstatten gehen. Ein Finanzier stehe bereit, ganze sechs bis sieben Monate müsse man für den Bau von geplanten acht Sälen plus Gastronomie veranschlagen. Ach lehnt sich weit aus dem Fenster: „Ich möchte bis Weihnachten ein Multiplex in Fürth haben.“ Weihnachten 2012 wohlgemerkt.
Und was wird aus seinen Plänen im oberpfälzischen Neumarkt? Dort hat er bereits den Zuschlag für ein ähnlich großes Kino, das ebenfalls bald entstehen soll. Vielleicht könne man ja beide Projekte gemeinsam planen und so sogar günstigere Preise für Bau und Einrichtung erzielen, meint Ach. Priorität aber, daran lässt er keinen Zweifel, hat für ihn Fürth. „Das ist meine Heimat, hier kenne ich doch fast jede Ameise mit Namen.“
Immer samstags verkauft das Kinocenter zwischen 14 und 17 Uhr Inventar — zu günstigen Preisen, wie es heißt. Wer sich für Stühle interessiert, sollte Werkzeug zum Demontieren mitbringen.
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