Die Mini-Burgen mit dem Klick-Effekt
30.1.2019, 11:00 UhrVorsichtig hält Stefan Lüpges ein kleines Holzscheit in seinen Händen. Genau genommen ist es sogar nur ein Viertel davon. Mit Sicherheit viel zu wenig für ein anständiges Lagerfeuer, aber das hat der Kunsthandwerker aus Tuchenbach damit auch nicht vor. Die Daumen hat er an der Unterseite angesetzt. Dann: Ein prüfender Blick, ein schnelles Schütteln, und mit einem "Klick"-Geräusch offenbart das Holzscheit das Geheimnis deines Inneren. Plötzlich thront auf ihm eine verhältnismäßig stattliche Burg mit Haupt- und Nebengebäude, Türmchen und insgesamt vier Ebenen – wie von Zauberhand.
Klein wie ein Fingerhut
Deswegen hat Lüpges seine Kreationen auch Zauberburgen getauft. Seit fast 30 Jahren arbeitet der gebürtige Rheinländer mit Holz. Sein täglich Brot ist dabei aber nicht das Schreinern von Dachstühlen oder Esstischen. Als Kunsthandwerker widmet er sich dem Bau kleiner, kunstvoller Objekte.
Seine erste Zauberburg hat er vor über 25 Jahren gesägt und seit etwa 15 Jahren lebt er ausschließlich von den hölzernen Miniaturpalästen. Diese fertigt Lüpges in vielen Größen und Formen an. Die Größten haben die Ausmaße einer Schreibmaschine und können elektronisch ein- und ausgefahren werden. Die Kleinsten sind nur etwa so winzig wie ein Fingerhut. Bei diesen muss man, um die im Innern versteckte Burg aufzurichten, vorsichtig und mit viel Fingerspitzengefühl mit einem Zahnstocher von unten dagegen drücken.
Für den Bau der Zauberburgen eignet sich fast jedes Holz. "Ich kann einfach durch den Wald streifen, die passenden Stücke aufheben und mit nach Hause nehmen", erzählt der Kunsthandwerker erfreut. Dort müssen sie dann, je nach Beschaffenheit, zwei bis fünf Jahre trocknen.
Dafür geht einiges an Platz drauf. Bis unter die Decke stapeln sich in einem Kellerraum die Hölzer, und auch vor dem Haus häuft sich schon das Rohmaterial. Lüpges’ Kreationen sind aber nicht nur aus Holz. Teilweise verwendet er auch Baumpilze, Korken, Nüsse, Geweihe und sogar Knochen, zum Beispiel von verendetem Wild. "Diese müssen dann aber schon sehr lange im Wald gelegen haben und frei von Restbeständen sein", merkt er an.
Seine Erzeugnisse verkauft er das ganze Jahr über auf etlichen Weihnachts-, Oster- und Kunsthandwerkermärkten. Auf einem solchen Markt hat er auch seine Frau, Nicola Buggert, kennengelernt. Im Erdgeschoss des gemeinsamen Hauses schmiedet sie Gold- und Silberschmuck, während ihr Mann im Keller an der Säge steht. Auf die Frage, wie viele Zauberburgen er schon gebaut hat, müssen beide lachen. "Schwer zu sagen, aber einige Tausend sind es mittlerweile", glauben sie.
Die Schätzung fällt schwer, weil Lüpges für sehr aufwendige Modelle fast einen ganzen Tag brauchen kann. Andere sind in ein bis zwei Stunden fertig, für eine Burg aus einem Sektkorken benötigt er nur wenige Minuten.
Extra dünnes Sägeblatt
Anders, als oft vermutet wird, sind die Zauberburgen nicht geschnitzt, sondern gesägt. Lüpges bedient sich dabei einer sogenannten elektronischen Dekupiersäge. Diese hat ein sehr dünnes Sägeblatt, so dass die Abstände der einzelnen Ebenen im Inneren der Burg nicht zu groß werden. Eben genau so, dass sie sich aufrichten lässt, aber nicht gleich wieder in sich zusammenfällt.
Die Baupläne für jede einzelne Burg befinden sich ausschließlich im Kopf des Tuchenbacher Kunsthandwerkers. "Jedes Stück Holz oder Pilz ist anders, an jedes muss anders herangegangen werden", so Lüpges. Deswegen könne er auch keine Maschine programmieren, die ihm dann automatisch 100 identische Burgen produziert. Jedes Stück ist ein Unikat und in Handarbeit gefertigt.
Weitere Informationen unter www.zauberburgen.de
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