Drillinge: Dreifach Glück und Stress
24.8.2013, 16:00 Uhr„Zuerst war es ein Schock“, erinnert sich Claudia J. (40) an den Tag, als ihr der Frauenarzt eröffnete, es werden Drillinge. Ihr Mann Helmut (55) reagierte gelassener. „Er hat einen Lachanfall bekommen, als ich ihn anrief. Er sagte zu mir, du wolltest doch immer viele Bambini, jetzt bekommst du sie“, erinnert sich die Sozialpädagogin.
Ziemlich ruhig ist es an diesem Vormittag im kleinen Reihenhäuschen. Kein Babygeschrei ist zu hören. Zufrieden liegen die kleinen Wonneproppen, inzwischen ein halbes Jahr, in ihren Babywippen und schauen vor sich hin: Amelie ist die Erstgeborene, Robin erblickte an zweiter Stelle das Licht der Welt und Estelle ist die dritte im Bunde. Doch die Ruhe trügt: Das Leben der Familie hat sich komplett verändert.
„Für eine Drillingsschwangerschaft lief alles super“, sagt Claudia. Kurz vor Ende der Schwangerschaft kann sie jedoch fast nur liegen, so groß ist ihr Bauch. Damals bekommt die Familie Unterstützung von einer Haushaltshilfe auf Kosten der Krankenkasse.
Das ändert sich schlagartig nach der Geburt. Am 4. Februar 2013 wird das gesunde und muntere Trio per Kaiserschnitt im Klinikum Fürth auf die Welt geholt. „Alle drei waren sofort fit, und ich bin mit ihnen gleich auf die Wochenbettstation gekommen“, erzählt Papa Helmut stolz. Bereits eine Woche später durften Frau und Kinder nach Hause. Dann gingen die Probleme los. „Die Krankenkasse strich uns sofort die Unterstützung einer Familienpflegerin mit der Begründung, dass ich ja jetzt in Elternzeit bin“, erinnert sich der Papa.
Dabei ist die Versorgung von drei kleinen Babys eine Rund-um-die-Uhr-Aufgabe. „Stillen, zufüttern, wickeln, schlafen legen. Allein ein Durchgang bedeutet bei drei kleinen Babys einen Zeitaufwand von zwei Stunden“, erklärt Claudia. Alles wird exakt dokumentiert, damit sie sich bei der Betreuung reibungslos mit ihrem Mann abwechseln kann.
Das hat Folgen: Drei Wochen nach der Geburt der Babys wiegt Claudia 30 Kilo weniger und fühlte sich völlig ausgezehrt. Trotzdem gewährt die Krankenkasse keine Haushaltshilfe. Auch dann nicht, als die kleine Amelie zwei Monate nach ihrer Geburt plötzlich das Atmen aufhört und blau anläuft. „Ich war gerade mit den Drillingen und unserer Großen auf dem Spielplatz“, weiß Claudia noch ganz genau. Geistesgegenwärtig holt sie das Kind aus dem Wagen und schafft es, dass Amelie wieder zu atmen beginnt.
Der Befund des Klinikums Fürth: eine Vorstufe vom sogenannten „plötzlichen Kindstod“. Seitdem werden alle drei Babys beim Schlafen von Monitoren überwacht. „Dabei kommt es schon mal zu Fehlalarmen“, erklären die Eltern. An ruhigen Schlaf ist für sie nicht zu denken.
Unterstützt wird die Familie von Nachbarn und Bekannten. In Raindorf lebt ein Elternpaar mit inzwischen fünfjährigen Drillingen, das hilfreiche Tipps gibt. „Ab und zu kommt jemand vorbei und bringt uns einen Topf mit Essen oder wäscht uns einen Korb Wäsche.“ Die Familie ist für alles sehr dankbar. Zweimal pro Woche kommt für ein einige Stunden eine ehrenamtliche Familienpatin des Mütterzentrums Fürth. Doch nicht nur die Zeit, auch das Geld ist knapp.
Dabei hat Vater Helmut als Techniker ganz gut verdient. Während der Elternzeit, die Helmut noch bis zum ersten Geburtstag der Drillinge in Anspruch nimmt, bleibt der Familie nur das Erziehungs- und Kindergeld. „Die Leute meinen immer, wenn man Drillinge bekommt, wird man von allen Seiten gesponsert. Das ist nicht so. Zwar hat ein Unternehmen zwanzig Kilo Milchpulver gespendet, aber wenn man bedenkt, dass wir in zwei Tagen ein Kilo verbrauchen, ist das nicht viel. Außerdem haben wir gar nicht die Zeit, lange Bittbriefe zu schreiben. Wir sind schlicht mit unseren Drillingen beschäftigt“, bekräftigt Claudia.
Das bekommt auch die größere Tochter zu spüren. „Unsere Sechsjährige kommt schon etwas zu kurz“, bedauert die Mutter. Wenn sie es dann mal schaffen, zusammen einen Ausflug zu machen, kann das schnell zum Spießrutenlauf werden: „ Entschuldigung, haben Sie Drillinge?“ „Dann folgen Kommentare wie ,Oh wie furchtbar, da würde ich mir die Kugel geben‘“, erzählt Helmut. Die Familie wollte daher ihren Kindersegen nicht groß publik machen.
Dass sie die Öffentlichkeit brauchen, um Hilfe zu organisieren, davon musste sie erst ihr Kinderarzt Dr. Bernhard Heeren überzeugen. „Er hat sich für uns eingesetzt“, sagen beide froh. Auf Heerens Initiative überwies die Bürgerstiftung Langenzenn einmalig 500 Euro. Darüber hinaus rief die Stadtspitze über ihr Mitteilungsblatt auf, Geld zu spenden, damit die Großfamilie eine Haushaltshilfe finanzieren kann. Und auch der Notfonds der Weihnachtsaktion „Freude für alle“ der Nürnberger Nachrichten unterstützt mit 1000 Euro.
Für die Zukunft, hoffen sie, dass es leichter wird. „Die Raindorfer Drillingseltern haben uns versichert, dass das ab dem Kindergartenalter der Fall sein soll.“
Spenden an die Großfamilie: Bürgerstiftung Langenzenn, Stichwort „Drillinge“, Konto: 9953563, BLZ: 76250000 Sparkasse Fürth
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