Franz Horst Wimmer
Drogenfahnder mit Leidenschaft und Jagdinstinkt
12.10.2017, 11:00 UhrHerr Wimmer, Fürther Drogenfahnder haben gerade fünf Dealer mit zwei Kilo Kokain aufgegriffen. Freuen Sie sich da als Ruheständler mit Ihren Ex-Kollegen?
Wimmer: Auf jeden Fall. Wieder ein Erfolg eines engagierten Teams. Wenn das dann auch noch in den FN steht, hat das echten Präventionscharakter. Das dürfte den einen oder anderen abschrecken.
Sie haben den Job über 30 Jahre gemacht. Was hat Sie dazu bewogen?
Wimmer: Ein sehr einschneidendes Erlebnis. Meine Jugendliebe ist an Drogenkonsum gestorben. Das war ein Schock, der mich letztendlich in den Beruf geführt hat.
Keine leichte Arbeit . . .
Wimmer: Drogenfahndern kommt es weder auf Geld noch auf Titel an. Du musst den Job mit Leidenschaft und einem gewissen Jagdtrieb machen, ohne geht das nicht. Du arbeitest zu unmöglichen Uhrzeiten. Wenn du an einer großen Sache dran bist manchmal sieben Tage die Woche – und das nicht nur in Fürth, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus. Da muss auch die Familie mitspielen.
Wie sah die Szene damals aus?
Wimmer: Als ich Anfang der 80er begonnen habe, konnte man anhand der Klamotten zuordnen, ob da ein Junkie vor dir steht, ob er kifft oder LSD einwirft. Das waren meist gesellschaftliche Außenseiter.
Und die Arbeit?
Wimmer: Wir hatten noch nicht so viel Bürokratie um die Ohren, dafür war der Papierkram deutlich aufwändiger. Wir haben alles auf Schreibmaschine getippt. Und dann erst die Kommunikation . . .
. . . noch ohne Handys . . .
Wimmer: Genau. Alles lief über Funk, das war manchmal verheerend. Und die Autos! Wir fuhren umlackierte Audi 80, da wusste jeder gleich: Da kommt die Schmier. Aber es hat trotzdem geklappt, wir waren ein Pfundsteam mit einer Spitzenführungsriege. Wir hatten einige große Aufgriffe.
Wie hat sich die Szene verändert?
Wimmer: Massiv. Heute wird quer durch alle Schichten und Berufsgruppen konsumiert. Und zwar alles. Vor allem haben wir auch ein wachsendes Problem mit Medikamentenmissbrauch.
Schlaftabletten?
Wimmer: Beileibe nicht nur. Auch Ritalin gehört dazu oder Schmerzpflaster auf Morphiumbasis und noch vieles mehr. Die Leute betreiben entweder Ärztehopping, um sich einzudecken, oder bestellen im Internet. Und das keinesfalls nur im sogenannten Darknet.
Sondern?
Wimmer: Die Internetszene ist extrem gewachsen. Seiten, über die man bestellen kann, werden binnen eines Tages hochgezogen, natürlich über Server im Ausland. Da kommst du erst mal nicht ran.
Was tut die Polizei?
Wimmer: Wir haben Cyberspezialisten – und versuchen diejenigen aufzustöbern, die in Deutschland die Ware verteilen. Wenn wir da welche erwischen, gehen oft auch die Seiten offline. Den Anbietern wird das zu heiß.
Haben Sie gefährliche Situationen in Ihrem Job erlebt?
Wimmer: Ich erinnere mich an eine Observation in Frankfurt, als plötzlich unsere eigenen Leute von der kurdischen Tätergruppe beobachtet wurden. Am Ende kam es zu Handgreiflichkeiten. In der Regel sind die Einsätze aber so geplant, dass gefährliche Situationen weitgehend vermieden werden.
Ist die Szene heute gewalttätiger?
Wimmer: Leider ja. Im November 2016 waren wir bei einem Zugriff im Grenzgebiet von Holland in eine Schießerei verwickelt. Da raste ein Dealer bewusst mit dem Auto auf die Kollegen zu, um sich den Weg zu bahnen.
Schauen Sie eigentlich gerne Krimis?
Wimmer: Überhaupt nicht. Die sind meist weit weg von der Realität. Außerdem gibt es viel zu viel Mord und Totschlag im Fernsehen. Das stumpft ab. Ich finde das schrecklich.
Fehlt Ihnen der Job?
Wimmer: Nein. Das liegt daran, dass ich genug zu tun habe. Ich halte Vorträge und habe einen Beratervertrag in der Industrie. Ich habe zwei neue Bücher geschrieben, eines zum Thema Medikamentenmissbrauch. Und im Herbst starte ich in Zusammenarbeit mit der Spielvereinigung das Projekt "Protect You & Me".
Ein Selbstverteidigungskurs?
Wimmer: Grundlagen davon sind mit dabei. Zusätzlich geht es uns aber darum, wie man gefährliche Situationen vermeiden kann, indem man die Umgebung mit anderen Augen wahrnimmt. 60 bis 70 Prozent der Täter lassen von ihrem Opfer ab, wenn es selbstbewusst genug auftritt. Das wollen wir vermitteln – und zwar allen Altersgruppen.
Sie sind im Ruhestand. Was würden Sie Ihren Kollegen wünschen, die noch etliche Jahre als Drogenfahnder vor sich haben?
Wimmer: Dass auch polizeiintern das Bewusstsein wächst, wie wichtig ihre Arbeit ist. Vieles andere passiert unter Drogeneinfluss: Häusliche Gewalt, Unfälle, Verbrechen . . . Uns wäre daher sehr geholfen, wenn noch mehr vorbeugend unternommen wird. Prävention halte ich für die edelste Aufgabe der Polizei.
Mehr über das Projekt Protect You & Me erfährt man bei einem Infoabend am Montag, 23. Oktober. Beginn ist um 18.30 Uhr in der Turnhalle im alten Eichamt, Helmplatz 6. Mehr Infos unter www.greuther-fuerth-turnen.de
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