Fürth: Im Zeichen der Schnepfe
23.6.2015, 17:00 UhrDie Bekassine, auch Schnepfe genannt, ist nicht unbedingt ein hübscher Vogel. Mit einem gedrungenen Körper samt einem im Vergleich dazu grotesk langen Schnabel gesegnet, stolziert sie durch Schlamm und Matsch und pickt die Würmer aus dem Modder. Und wenn sie balzt, dann hört sich das an wie „Aäätsch!“
Die Bekassine war auch Vogel des Jahres 2013. Das passt, denn ein Jahr zuvor hatten Michael Winkler und Hans-Christian Lehner ihr Label Bekassine Records gegründet. Sechs Bands laufen zurzeit unter ihrem Label. „Davon vier aus unserer Gegend, eine Band kommt aus Berlin und eine weitere aus San Francisco“, erzählt Lehner, im Nebenberuf Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Erlangen. Der Stil variiert laut Lehner „von Folk über klassisch Angehauchtes bis hin zu Post Rock mit Noise-Einflüssen“. Doch nicht der Musikstil steht bei den Bands wie deren Machern im Mittelpunkt, sondern ein klangästhetisches Credo, das auf frühere Zeiten verweist. Bei der Produktion bleibt die Digitaltechnik außen vor, es dominiert die analoge Aufnahme, die gute alte Handarbeit mit bewährten Bandmaschinen. Auch das Endprodukt erscheint sowohl auf CD wie auf Vinyl-Schallplatte.
Interaktives Vergnügen
Drei Jahre Existenz waren Grund genug für ein kleines Konzertfest in der Badstraße 8. Da nachmittags hauptsächlich Mütter mit ihren Kindern das Rednitzufer aufsuchen, führten jazzig angehauchte Musiker unter dem Bandnamen „Klang Tarassa Bumm“ mit den Kiddies ein interaktives Konzert auf. Nach dem Motto: Welches Instrument produziert welches Geräusch?
Elegischer wurde es gegen Abend, als „Schleuse“ seine Tore öffnete und die Ohren mit wohligem Wehklang spülte. Bemerkenswert ist die Besetzung: Neben Gitarre und Schlagzeug grundieren Cello und Kontrabass die Melodien mit elegischem Brummen. Und zwar gestrichen, nicht gezupft.
Das erzeugt eine wohlige Wärme auf Trommel- wie Bauchfell. Hinzu tritt eine Gitarre mit Waldhorn-Sound, mit Klängen, die von weither rühren. Im Grunde musizieren „Schleuse“ so verhalten und melancholisch, als müsste das nächste Lied unwiderruflich der finale Abgesang sein. Doch wenn man glaubt, das war’s, legen sie noch eine Schippe drauf. So mutiert der Weltuntergangsschmerz zu einer unverwüstlichen Lebenshaltung.
Ähnliches lässt sich von „Odd Hugo“ sagen. Das Quintett aus Estland unterlegt die Standardbesetzung Gitarre und Drums mit Bläsern, nämlich mit Posaune, Trompete und Horn. Aus dieser mal breit aufgetürmten, mal sehr differenziert geschichteten Klangwand sprießt wie ein Mauerblümchen die zirpende Ukulele.
Der Kontrast zwischen Saitengezirpe und erdiger Tröte könnte ergreifender kaum sein. Dazu passend glühen die Gemälde von Birgit Maria Götz, die ein nostalgisches Fürth-Gefühl zelebrieren, im purpurnen Bühnenlicht. Musik für einen langen Sommerabend? Nein. Aber perfekt passend für einen wolkenverhangenen längsten Tag des Jahres.
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