Gesucht: Positives Selbstwertgefühl
8.9.2011, 14:30 UhrDen Erfolg Ihrer Arbeit, sagten Sie uns vor einem Jahr, wollten Sie am Zustand des Schlosses und seiner Verbesserung messen. Dann messen Sie doch jetzt mal.
Schramm: Es ist vieles vorwärtsgegangen. Ich habe eine Bestände-Übersicht angefertigt, die wie ein Inhaltsverzeichnis über die Sammlungen und Archive Auskunft gibt. Im konservatorischen Bereich ist das Pückler-Limpurg-Archiv jetzt endlich zu einem Drittel eingeschachtelt, sicher vor Säurefraß und wasserdicht. Auch das Stadtarchiv kommt voran. Das Hauptproblem bleibt jedoch die Menge. Es wird noch Jahrzehnte dauern, das alles in den Griff zu kriegen. Ich gehe durchs Schloss, sperre Räume auf und denke mir sofort: Das müsste mal erledigt werden. Aber man lernt, die Macht des Faktischen anzuerkennen. Auch die Digitalisierung unserer Bestände kommt voran, damit irgendwann Volltextrecherchen zu jedem Thema möglich sind. Mit dem Bestand der Ludwigseisenbahn zum Beispiel geht das bereits.
O-Ton Schramm 2010: „Visionen sind nicht zum Begraben da.“ Für welche Vision läuft die Trauerfeier?
Schramm: In Sachen Quelle-Archiv bin ich leider gescheitert. Ich bin der Meinung, dass es nach Burgfarrnbach gehört, es ist ein eminent wichtiges Kapitel der Fürther Stadtgeschichte. Aber einen Teil hat das Museum Industriekultur, der weitaus größere Teil landete seinerzeit im Papierkorb. Auch die Verwaltung der Nachlässe läuft schleppend. Wir haben jetzt den Fiedler-Nachlass erhalten, auch der Nachlass von Leichtathlet Alfred Schwarzmann macht Fortschritte. Der Nachlass (des Fürther Ex-Oberbürgermeisters Heinrich) Stranka hingegen steht immer noch ordnerweise im Magazin. Um das alles aufzuarbeiten, haben wir viel zu wenig Kapazitäten. Es geht einfach nicht.
Warum nicht?
Schramm: Schauen Sie sich zum Vergleich das Erlanger Stadtarchiv an. Ein Leiter, neun Mitarbeiter. Fürth hat einen Leiter und vier Mitarbeiter, nachdem uns im Archiv und im Stadtmuseum eineinhalb Stellen gestrichen wurden. Das Bamberger Archiv hat 400000 Einheiten online, wir haben 10000 Einheiten, die immerhin im Lesesaal digital abrufbar sind. Bamberg hat 20 Mitarbeiter, Erlangen bekommt ein neues Archiv für sechs Millionen Euro.
Macht Ihnen die Verwaltungsarbeit Spaß?
Schramm: Nein. Die archivinterne Arbeit, ja. Immerhin ist es dank Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Höhe von 20000 Euro möglich geworden, dass ich die alten Findbücher zu jedem einzelnen Bestand korrekturlesen, abtippen und digitalisieren lassen kann.
Was, glauben Sie, haben Sie für einen Ruf im Rathaus? Schramm, der ewige Meckerer?
Schramm: Nein, die Akzeptanz ist da. Ich glaube, der Eindruck ist, dass meine Vorgängerin und ich das Archiv vorangebracht haben. Aber es gibt nun mal, wie gesagt, eine Macht des Faktischen, die auch ich anerkenne. Wenn die Stadt zwei Millionen Euro übrig hat, dann ist es für die Öffentlichkeit natürlich nachvollziehbarer, wenn das Geld in eine neue Kita gesteckt wird statt in die Entsäuerung alter Archivbestände.
Ist Schloss Burgfarrnbach 2011 präsenter in den Köpfen der Fürther?
Schramm: Ich hoffe es. Leider bleibt Burgfarrnbach für viele Fürther ein Ort jenseits des Kanals. Nicht Fürth hat ein Schloss, Burgfarrnbach hat ein Schloss. Ich will diese Denke unbedingt ändern, unter anderem mit Ausstellungen wie der jetzigen mit Lotter-Fotografien (wir berichteten, Bildergalerie unter www.fuerther-nachrichten.de). Ab 17. September können Sie in der Tourist-Info die neue Schlossführung „Hinter den Kulissen“ buchen. Ich will mehr Leute ins Schloss kriegen, will nicht nur Repräsentations-, sondern auch Magazinräume zeigen. 2012 werden wir unter anderem eine neue kleine Dauerausstellung einrichten, eine Schau der Kunstfreunde zeigen und die Konservierungs- und Verpackungsmaßnahmen weiter vorantreiben. Und im Festsaal habe ich schon jetzt die Gemälde, die zum Saal überhaupt keinen Bezug hatten, ersetzt durch Gemälde der Erbauer des Schlosses.
Populäres Aushängeschild des Stadtarchivs ist das vor eineinhalb Jahren eröffnete Stadtmuseum Ludwig Erhard in der Ottostraße. Ihre Bilanz bis jetzt?
Schramm: Es ist noch reichlich Luft nach oben. 2010 hatten wir 5800 Besucher, 2011 sind es bis jetzt 4100. Erst neulich sagte mir wieder jemand, er sei ganz überrascht, zu erfahren, dass Fürth ein Stadtmuseum habe. Darum ist es unser Ziel, dass jeder Fürther Schüler mindestens einmal das Museum besucht haben sollte. Die Nachfrage nach Schulführungen war im Juli riesig. Ein bisschen mehr Publikums-Resonanz hätte ich mir erhofft auf unsere neuen Duftstationen. Andere Museen haben jedenfalls gleich mal bei uns nachgefragt, wie wir denn das gemacht haben.
Wie wollen Sie die Besucherbilanz verbessern?
Schramm: 2012 wird es drei Ausstellungen geben, unter anderem eine zur Kärwa. Auch die Reihe „AbendKultur“, in der sich Fürther Prominente unentgeltlich in den Dienst der Sache stellen, geht weiter, zum Beispiel mit Jutta Czurda. Es muss darum gehen, endlich einen positiven Bezug zur eigenen Stadt zu bekommen. Fürth ist ja was, Fürth hat wirklich allen Grund, selbstbewusster zu sein. Jeder weiß das, nur die Fürther nicht.
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