„Heillos überbelegt“
02.10.2012, 09:00 Uhr
Heute ist der „Tag des Flüchtlings“. Vor einem Jahr war aus diesem Anlass Bambergs Erzbischof Ludwig Schick zu Gast in der Kapelle der ZAE: Dort feierte er mit Flüchtlingen das 50-Jährige der katholischen Kapelle. Schon damals war die ZAE überfüllt, Hilfsorganisationen schlugen Alarm. Heute bekäme der Bischof kaum mehr einen Fuß in den Andachtsraum. Er ist zum Notquartier umfunktioniert, wie Erwin Bartsch, Sprecher der Ehrenamtlichen, die sich unter dem Dach der Zirndorfer St.-Rochus-Gemeinde für die Flüchtlinge engagieren, berichtet.
Genauso wie in der Cafeteria oder im muslimischen Gebetsraum sind hier Asylsuchende einquartiert, die regulär nicht mehr in einer der bayernweit zwei Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen sind. „Ohne jegliche sanitäre Einrichtungen oder Kochmöglichkeiten übernachten die Flüchtlinge auf Matratzen am Fußboden“, sagt Bartsch. Abgesehen davon, dass damit alle Räume, in denen die Flüchtlinge ins Gespräch kommen könnten, nicht mehr für soziale Kontakte zu nutzen seien, wäre nur zu erfassen, wie entwürdigend das sei, „wenn man einen wenige Monate alten Säugling, der seit Tagen kein Wasser gesehen hat, auf einer Matratze liegen sieht“, so Bartsch.
Um 250 Plätze soll die derzeit auf höchstens 550 Personen ausgelegte Einrichtung in Zirndorf jetzt ausgebaut werden. Die Überbelegung hatte nicht nur die Asylgruppe der St.-Rochus-Kirche bereits im vergangenen Jahr angeprangert. Nach einer vorübergehenden Entspannung habe sie aktuell ein Maß erreicht, das Bartsch zufolge, „nicht mehr hinnehmbar ist. Menschenwürdig ist diese Unterbringung nicht“, sagt er.
„Zwischen 60 und 80 Flüchtlinge müssen jeden Tag neu aufgenommen werden, ohne dass eine entsprechende Anzahl an Gemeinschaftsunterkünfte im Freistaat weiterverteilt werden könnte“, berichtet er. Die Bemühungen der Regierung von Mittelfranken, dezentrale Gemeinschaftsunterkünfte in den Kommunen zu finden, scheiterten bislang, teilte Regierungspräsident Thomas Bauer der Stadtverwaltung Zirndorfs als Begründung für den geplanten Ausbau mit.
Die Überbelegung wird seitens der Regierung von Mittelfranken bestätigt. Seit dem 17. September seien 405 Asylsuchende neu aufgenommen worden — gut doppelt so viel wie in den vergangenen Monaten, wie Regierungssprecherin Ruth Kronau-Neef auf Anfrage mitteilt. Aktuell lebten in der ZAE etwa 675 Personen. „Die Aufnahmeeinrichtung ist erheblich überbelegt“, bestätigt auch sie.
Das hat die Konsequenz, beklagen die Flüchtlingshelfer der Asylgruppe St. Rochus, des Diakonischen Werks Schwabach und der Rummelsberger Dienste in einer gemeinsamen Presseerklärung, dass die Menschen in der ZAE derzeit einer „extrem belastenden Unterbringungssituation“ ausgesetzt sind. Sie sprechen sogar von aktuell etwa 750 bis 800 Personen, die in der ZAE leben.
Wie auch immer: Nun sieht sich die Regierung veranlasst, zu harten Mitteln zu greifen: Kreisfreie Städte und Landkreise, die bislang ihre „Abnahmequote nach der Durchführungsverordnung Asyl“ nicht erfüllten, wurden Flüchtlinge „zur dezentralen Unterbringung“ angekündigt. „Insgesamt müssen in dieser Woche von den Landratsämtern und kreisfreien Städten in Mittelfranken etwa 80 Personen untergebracht werden. Es ist damit zu rechnen, dass den Landratsämtern und kreisfreien Städten in den kommenden Wochen weitere Asylbewerber zur dezentralen Unterbringung zugewiesen werden“, so Kronau-Neef.
Darüber hinaus rechnet Bartsch jeden Tag damit, dass auf dem Hofgelände der ZAE wieder, wie schon vor 20 Jahren, Zelte errichtet werden. Auch das wird seitens der Regierung bestätigt: Übergangsweise sollen derlei Notunterkünfte kommen. Das BRK Fürth habe bereits einen Auftrag erhalten und werde dies ab heute Nachmittag bewerkstelligen.
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