Im Herzen der Fürther Altstadt brodelt es weiter
9.7.2013, 12:42 UhrDerweil ließ OB Thomas Jung im Gespräch mit Anwohnern keinen Zweifel daran, dass der Spielraum für Veränderungen in der Gustavstraße in seinen Augen klein ist.
Schon im Vorfeld der Veranstaltung hatte Thomas Schier vom Stadtmarketingverein Vision Fürth, Organisator des Fürth Festivals, versucht, zu beschwichtigen. In den FN appellierte er an die Festivalbesucher, „mit Gelassenheit“ darauf zu reagieren, dass das Verwaltungsgericht Ansbach die Spieldauer an den Bühnen in der Gustavstraße und am Waagplatz um eine Stunde verkürzt hatte. Vorausgegangen war ein Eilantrag einer kleinen Gruppe von Anwohnern, die für mehr Lärmschutz kämpfen.
Der Appell erreichte nicht alle Fürther. Auf verschiedenen Internetseiten entdeckte Schier „zum Teil wirklich haarsträubende“ Kommentare, die jede Gelassenheit vermissen ließen. Schier sah sich angesichts der aufgeheizten Stimmung veranlasst, unter anderem auf der Facebookseite der Stadt mit deutlichen Worten Stellung zu nehmen: „Ich möchte daran erinnern, dass Aufrufe zu Straftaten an sich ebenfalls Straftaten darstellen“, schrieb er, „der veranstaltende Verein Vision Fürth distanziert sich in aller Form von diesen Äußerungen und bittet eindringlich darum, von solchem Tun Abstand zu nehmen“. Er sei aktiv geworden, sagt Schier, weil derartige Kommentare das so positiv besetzte Festival „beschädigen“ könnten.
Proteste vor Schwalmes Haus
Ihm selbst bescherte die Auflage des Verwaltungsgerichts zusätzliche Arbeit, „aber wir haben die Entscheidung akzeptiert“. Bei den Bands, die ihr Programm kurzfristig umplanen und verkürzen mussten, warb er um Verständnis. Sehr zufrieden ist er damit, dass sich die Musiker vor dem Publikum zu keinen Unmutsäußerungen hinreißen ließen. Das habe ihm und der Polizei „sehr geholfen“. Dennoch skandierten am Samstagabend etliche Menschen „Wir sind Fürther und du nicht“ vor Schwalmes Haus.
Nicht glücklich konnte Schier über den Vorfall vom Freitagabend sein, als 20 bis 30 Festgäste Marcel Schwalme bedrängten, teils in sein Haus eindrangen. „Gewalt ist nie ein Mittel“, sagt Schier. Eine solche Aktion sei „absolut kontraproduktiv für den Fortbestand unseres schönen Festivals“.
In welcher Form das Festival und andere Veranstaltungen künftig durchgeführt werden, darüber macht man sich gerade im Ordnungsreferat der Stadt Fürth Gedanken. In diesem Monat soll dem Stadtrat ein Konzept präsentiert werden.
Nachdem die Stadt zunächst das Gespräch mit den Wirten gesucht hatte, trafen sich Oberbürgermeister Thomas Jung und Rechtsreferent Christoph Maier am Donnerstag mit Anwohnern. Rechtsanwältin Kerstin Sabine Kreitinger präsentierte dabei die Wünsche ihrer lärmgeplagten Mandanten. Unter anderem fordern sie, dass bei Festen um 23 Uhr Schluss auf den Freiflächen ist, dass das Weinfest um ein oder zwei Tage gekürzt wird und die Bühne in der Gustavstraße beim Fürth Festival nicht immer am selben Standort steht oder aber die Musik unverstärkt ist.
Einmal mehr betonte Kreitinger, dass es nicht darum gehe, die einzelnen Veranstaltungen ganz zu streichen. Auch sei das Musikende auf den beiden Bühnen um 22 Uhr keine Forderung der Anwohner gewesen. Kreitinger interpretiert die Eilentscheidung der Richter als „Hinweis“, dass der Lärmschutz mehr berücksichtigt werden müsse.
„Völlig absurd“
In einer „sachlichen Atmosphäre“, so Christoph Maier, habe man „die Wünsche der Anwohner entgegengenommen“. In welchem Umfang sie in das Konzept, das die Stadt erarbeitet, einfließen werden, sei noch nicht klar. Man wolle zunächst auch die Gerichtsverhandlung am Mittwoch abwarten, bei der es um den täglichen Kneipenbetrieb in der Gustavstraße geht, genauer: um Sperrzeiten und Freischankflächen. Als „völlig absurd“ wies er den Vorwurf Schwalmes zurück, die Stadt habe nicht alles getan, um für die Sicherheit der Anwohner beim Festival zu sorgen.
Rathauschef Thomas Jung sagt, es sei wichtig gewesen, die Forderungen der Anwohner zu hören – dennoch beharrt er auf seiner Position. Er habe versucht, ihnen noch einmal deutlich zu machen, „dass diese Straße ihren eigenen Charakter hat und dass, wer dort lebt, mit dem Charakter der Straße leben muss“. Er äußerte die Befürchtung, dass die Anwohner, „selbst wenn sie alle Prozesse gewinnen“, dort „nicht mehr glücklich werden können“ – und regte an, darüber nachzudenken, ob die Straße der geeignete Wohnort für sie sei.
Beim Festival hielt sich Jung nur kurz in der Gustavstraße auf. Anders als Schier sah er sich nicht veranlasst, etwa selbst ans Mikrofon zu treten, um Spannung herauszunehmen: „Das wäre unangemessen.“ Lediglich bei der Eröffnung auf der Freiheit spielte er auf den Konflikt an: „Wir lassen uns die Stimmung nicht verderben“, sagt er. „Wir Fürther halten zusammen.“ Den Ämtern habe er die Anweisung gegeben, dass die Auflagen eingehalten werden und das Fest ohne Provokationen stattfinden solle.
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