Nach Demos: Ärger über Polizeikessel - und übers Bündnis
18.10.2016, 06:00 UhrWährend des Aufmarsches des rechtsradikalen "Dritten Wegs" mussten Gegendemonstranten am Samstag über eine Stunde lang in der Berlinstraße ausharren. Eingeschlossene fühlten sich dadurch in ihren demokratischen Grundrechten verletzt, von "Freiheitsberaubung" und "Nötigung" ist in Schreiben an unsere Redaktion die Rede. Selbst offenbar friedlichen Demonstranten und sogar offenkundig Unbeteiligten habe man das Passieren untersagt.
Bitten um Erklärungen hätten die Beamten vor Ort abgewiesen. "Die Ausübung unseres Demonstrationsrechts wurde uns verwehrt", klagt eine der Betroffenen. Sie behalte sich deshalb rechtliche Schritte vor. Andere fordern wenigstens eine Entschuldigung.
Die Polizei begründete das Vorgehen auf Nachfrage der FN hingegen mit der allgemeinen Gefahrenlage und taktischen Überlegungen. "Die Vorwürfe werden dem Landeskriminalamt als neutraler Stelle zur Überprüfung vorgelegt", versichert Polizeisprecher Robert Sandmann.
Was war passiert? Eine Gruppe Gegendemonstranten hatte die Bahnbrücke im Verlauf der Cadolzburger Straße besetzt, über die der Zug Rechtsextremer laut genehmigter Marschroute eigentlich gehen sollte. Polizeikräfte sperrten daraufhin die Einmündung der Berlinstraße in die Cadolzburger Straße ab, um zu verhindern, dass weitere Gegendemonstranten die Blockade verstärken.
Gleichzeitig wurde mit den Rechtsextremen über eine Ausweichstrecke verhandelt, die daraufhin zurück in die Hardstraße zogen. Dort war inzwischen aber ebenfalls die Bahnbrücke besetzt worden. Die Polizei verhandelte erneut über eine Umleitung und versuchte zugleich zu verhindern, dass Gegendemonstranten diese erneut blockieren.
"Ständiges Nachjustieren"
Wie in der Cadolzburger Straße wollten die Einsatzkräfte eine direkte Konfrontation verhindern und die Umzugsstrecke sichern. Erst als klar war, dass der Zug zum Umgehen der Hardbrücke durch die Wehlauer Straße und weiter auf der Würzburger Straße zum Ziel Billinganlage marschieren konnte, wurde die Absperrung der Berlinstraße aufgehoben.
"Es war ein ständiges Nachjustieren nötig", begründet Sandmann die langwierigen Verhandlungen. Zudem habe man gewaltbereiten Gegendemonstranten kein Podium bieten wollen. Ein Aufeinandertreffen sei denn auch erfolgreich verhindert worden.
Unterdessen kommt es wegen der Aktionen gegen den Aufmarsch von Pegida am Freitagabend zum Konflikt im Lager der Gegendemonstranten. Dekan Jörg Sichelstiel, der die Anti-Pegida-Kundgebung angemeldet hatte und dafür verantwortlich zeichnete, ist vom Verhalten des Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus irritiert.
Es war am Absperrgitter an der Kreuzung von Luisenstraße und Königswarterstraße zu heftigen Rangeleien mit der Polizei gekommen. Als Sichelstiel deeskalieren wollte, wurde ihm aus den eigenen Reihen sogar der Strom fürs Mikro abgedreht. Der Dekan, bisher als Vertreter der Kirche Teil des Bündnisses, zeigt sich höchst verärgert. Er werde "so etwa nicht mehr machen", sagte er den FN. Unter den gegenwärtigen Bedingungen sehe er die Grundlage zur Zusammenarbeit "nicht gegeben".
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