Roßtaler ist Wetterphänomen auf der Spur
10.2.2017, 21:00 UhrSie sind ja so eine Art Wetterfrosch, Herr Volgnandt. Kann das, was Sie machen, eigentlich jeder?
Volgnandt: Eine Wetterstation kann heutzutage jeder aufbauen. Das hat zum Beispiel auch ein Freund in Ammerndorf gemacht. Wobei mich persönlich weniger Wettervorhersagen interessieren als vielmehr das aktuelle oder vergangene Wetter. Es ist spannend, zu sehen, dass es dort beispielsweise morgens manchmal einige Grad kälter ist als in Roßtal, das höher liegt. Mich fasziniert das aktuelle oder vergangene Wetter viel mehr als der Blick in die Zukunft.
Ihr Physikstudium hilft Ihnen vermutlich, oder?
Volgnandt: Klar, ein naturwissenschaftliches Verständnis ist von Vorteil und ein Studium hilft, Zusammenhänge zu verstehen. Man sieht das am „Wetterochs“ aus Herzogenaurach: Stefan Ochs ist Physiker, er schafft es bei seinen Vorhersagen sehr schön, Normalbürgern die Wetterphänomene zu erklären.
Wie kamen Sie zu Ihrem Hobby?
Volgnandt: Das Interesse liegt ein wenig in der Familie. Mein Großvater war Funker beim Deutschen Wetterdienst, ich war aber noch klein, als er starb. Bei mir haben die Einsätze für die Freiwillige Feuerwehr Roßtal die Neugier geweckt: Brände durch Blitzeinschlag, Bäume, die nach einem Tornado auf der Straße lagen, Überschwemmungen – während ein paar Kilometer weiter alles ruhig war. Ich wollte verstehen, wie Stürme, Gewitter oder Blitze entstehen.
Apropos Blitze: Sie haben das Projekt Blitzortung.org mitentwickelt, und Ihre eigene Internetseite lightningmaps.org ist weltweit die wohl bekannteste in dem Bereich. Was genau kann man auf den beiden Seiten beobachten?
Volgnandt: Wir bestimmen den Einschlagsort eines Blitzes quasi in Echtzeit. Mit einer Verzögerung von zwei Sekunden werden sie als Punkte auf einer Weltkarte sichtbar. Die Daten werden von etwa 1000 Stationen weltweit übermittelt, die von Technikbegeisterten betrieben werden. Auch die NASA macht mit. Die Seiten ersetzen allerdings keine Unwetterwarnung.
Wer nutzt Ihren Service denn?
Volgnandt: Menschen weltweit, die sich für Gewitter interessieren. Es ist sicherer, online zuzuschauen, als Blitzen draußen hinterherzujagen.
Sie haben schon vor zwei Jahren gesagt, dass weltweite Krisen die Klimaproblematik in den Hintergrund gedrängt haben. Das gilt heute noch mehr. Kann das Thema warten?
Volgnandt: Es ist wichtiger denn je. Es wird so leicht ignoriert, weil man die Anzeichen nicht jeden Tag vor der Haustür wahrnimmt. Aber durch die Erderwärmung werden zum Beispiel Hungersnöte und Flüchtlingsbewegungen zunehmen.
Donald Trump hat den Punkt Klimawandel sofort von der Homepage des Weißen Hauses gestrichen. Zum Chef der Umweltbehörde machte er einen Klimawandel-Leugner, den Mitarbeitern hat er verboten, mit Reportern zu sprechen. Was sagen Sie dazu?
Volgnandt: Das ist für mich Zensur. Für mich gibt es fast nichts Schlimmeres, mir blutet da das Herz. Trump glaubt wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht, weil sie gegen seine Meinung gehen; das meint das Wort „postfaktisch“. Man kann nur hoffen, dass das Thema genau deswegen von anderen in die Öffentlichkeit gebracht wird, weil er es unterdrücken will.
Haben Sie einen Beweis für Trump?
Volgnandt: Die Forschungen von Tausenden von Experten zeigen klare Indizien für die von Menschen gemachte Erderwärmung und lassen keinen anderen Schluss zu. Das ist Konsens unter 99,9 Prozent der Wissenschaftler. Die Anzeichen, dass es diesen Klimawandel gibt, werden immer deutlicher. Eisschollen brechen in der Antarktis ab, der Meeresspiegel steigt. Wetterextreme nehmen zu: heiße Sommer, kältere Winter, heftigere Unwetter und Überschwemmungen.
Ist der Klimawandel für einen langjährigen Beobachter, wie Sie es sind, spürbar?
Volgnandt: Als es im vergangenen Jahr stark regnete, kam es bayernweit zu Überschwemmungen. Grund dafür kann zwar oft die Infrastruktur in einer Region sein. Ich habe aber generell das Gefühl, dass es heutzutage zu längeren Trocken- und Nassphasen kommt. Den Klimawandel gibt es – davon bin ich überzeugt.
Machen Ihnen der Klimawandel und seine Folgen Angst?
Volgnandt: Das ist eine gute Frage. Ich habe nicht direkt Angst. Aber man muss diese Veränderungen durchaus mit Sorge betrachten.
Können Sie es noch hören, wenn Menschen klagen, dass es ihnen zu warm oder zu kalt ist?
Volgnandt: Ich beschwere mich ja selbst auch manchmal drüber. Aber je mehr man versucht, es hinzunehmen und so zu genießen, wie es ist, umso besser lebt man damit. Ich versuche, viel rauszugehen und fahre bei jedem Wetter mit dem Fahrrad in die Arbeit.
Welches Wetter ist Ihnen am liebsten?
Volgnandt: Ich mag es natürlich auch, wenn es sonnig und warm ist. Wobei auch ein Winter mit viel Schnee schön ist. Aber am interessantesten sind für mich unbeständige Phasen: Es darf gern mal Action sein. Es ist spannend, nie zu wissen, was als nächstes passiert – und das ist gerade bei Gewittern das Faszinierende.
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