S-Bahn-Schwenk: Bahn legt Berufung ein
18.1.2013, 09:00 Uhr„Kriegsberichterstatter“ nannte Rathauschef Thomas Jung seinen Baureferenten, der in der Ausschusssitzung Auskunft über den Stand der Auseinandersetzung mit der Deutschen Bahn geben sollte. Die Bemerkung fiel halb im Scherz, zeigt aber, wie intensiv beide Seiten um die Trassenführung ringen.
Wie ausführlich berichtet, wehrt sich die Stadt seit den 90er Jahren gegen den S-Bahn-Schwenk durchs Knoblauchsland, weil dieser Ackerflächen zerstören und das Ende für den Bahnhof Vach bedeuten würde. Die Kommune will, dass die S-Bahn auf einem zusätzlichen Gleis an der bestehenden Strecke fährt, und zweifelt ein Gutachten an, das dem Schwenk einen Nutzen-Kosten-Indikator von 1,18 bescheinigt, während die Bestandstrasse nicht mal die nötigen 1,0 erreicht, um Fördermittel des Bundes zu erhalten.
Weil das Gutachten laut Stadt etliche Ungereimtheiten aufweist und die Bahn Akteneinsicht verweigert, streiten beide Parteien vor Gericht. Die Bahn hat nun Berufung gegen ein Urteil des Berliner Verwaltungsgericht eingelegt, das den Konzern in elf von 38 Punkten zwingt, Unterlagen herauszugeben. Baureferent Joachim Krauße sprach von einem Teilerfolg und teilte mit, dass die Stadt ebenfalls Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht einlegt, um an weitere Informationen zu gelangen. Im Rathaus herrscht allenthalben Verwunderung, dass die Bahn sich derart heftig wehrt, einer Kommune Einsicht in die Unterlagen zu geben. „Wenn ich ein reines Gewissen hätte, würde ich das nicht verweigern“, so Matthias Bohlinger vom Stadtplanungsamt.
Inzwischen hat die Regierung von Mittelfranken als Anhörungsbehörde ihren Bericht zur Bauplanung an das Eisenbahnbundesamt gegeben. „Dort liegt jetzt der Ball“, sagt Krauße. Der Bericht der Regierung habe einige „offene Punkte“ kritisch angesprochen. Unter anderem, dass zwar laut Bahn der Großteil der Grundstückseigentümer an der Schwenk-Trasse bereit sei, zu verkaufen, die Stadt aber auf Nachfrage bei den Landwirten das Gegenteil erfahren haben will. Entlang der Bestandstrasse hingegen befänden sich bereits rund 70 Prozent der Grundstücke im Eigentum von Bahn, Stadt oder der infra.
„Die Gegenseite schwimmt erheblich“, sagte Krauße und warb bei den Stadträten um weitere Rückendeckung, um alle Rechtsmittel ausschöpfen zu können – auch wenn das Eisenbahnbundesamt einen Planfeststellungsbeschluss für den Schwenk, der einer Baugenehmigung gleichkäme, erlassen sollte. In diesem Fall plant die Stadt, vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Die Zustimmung zu diesem Schritt dürfte Krauße sicher sein: In Fürth stemmt sich bekanntlich ein All-Parteien-Bündnis gegen die Trasse durch das Knoblauchsland.
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