Stadt Fürth kontra Deutsche Bahn
6.3.2012, 09:00 UhrQuertreiber. Verzögerer. Als solcher will Stadtbaurat Joachim Krauße keinesfalls dastehen. Er habe Verständnis, dass viele Pendler – etwa in Erlangen oder Forchheim – die neue S-Bahn sehnsüchtig erwarten. Der Stadt Fürth könne man aber mitnichten vorwerfen, den Bau mutwillig zu verzögern. Vielmehr habe die Bahn die Kommune mit ihren Bedenken viel zu lange nicht ernst genommen. „Unsere Anliegen sind seit 18 Jahren auf dem Tisch“, sagte Krauße am Freitagabend im gut gefüllten Saal des Gasthofs Kirchberger in Sack.
Seit der gemeinsame Gewerbepark der Städte Erlangen, Nürnberg und Fürth im Knoblauchsland Geschichte ist, seitdem erachtet Fürth auch die Planung der Verschwenktrasse als hinfällig. Statt die S-Bahn quer über Äcker zu einem neuen Haltepunkt bei Steinach zu führen, sei es wesentlich sinnvoller, ein neues Gleis entlang der bestehenden Bahntrasse zu bauen. Dann müsste auch der Haltepunkt Vach nicht aufgelöst werden.
Das Problem: Das Gutachten eines Ingenieurbüros hat für den Verschwenk einen Kosten-Nutzen-Faktor von 1,15 ergeben, für die Bestandstrasse nur von 0,98. Die Landtagsabgeordnete Petra Guttenberger (CSU) erinnerte daran, dass der Freistaat Bayern nur dann Fördergelder des Bundes für den S-Bahn-Bau erhält, wenn der Faktor 1,0 erreicht ist.
Ebenso wie Krauße hegen Guttenberger sowie der Fürther Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt „erhebliche Zweifel“ an dem Gutachten. Krauße geht sogar einen Schritt weiter: Die Bahn fürchte, „ihr Gesicht zu verlieren“, sollte sie die Strecke neu planen müssen. Daher habe es „den Anschein, dass jahrelang mit allen möglichen Methoden erreicht worden ist, dass sich die Bestandstrasse nicht rechnet“.
Neues Gutachten angestrebt
Die Stadt strebt deshalb ein neues Gutachten an, bei dem alle Beteiligten „fair und ergebnisoffen“ miteinander umgehen. Doch dafür werden Grundlagendaten benötigt, die die Bahn nicht herausgebe. Für Krauße, Guttenberger und Schmidt ein Skandal. „Transparenz wird hier mit aller Macht verhindert“, schimpfte Stadtbaurat Krauße und weiter: „Ein öffentlicher Planungsträger enthält uns öffentliche Daten vor.“ Die Stadt werde rechtlich alle Wege gehen, „um dem Einhalt zu gebieten“.
Laut Krauße hat inzwischen ein Gericht in Berlin einen Vergleich zwischen Bahn und der Stadt Fürth angestrebt. Demnach habe die Bahn zwei Monate Zeit festzulegen, welche Informationen sie preisgibt. Die Stadt wiederum muss dann entscheiden, ob sie damit zufrieden ist.
Zuvor hatte Olaf Drescher von der DB-Projektbau erläutert, dass die Bahn bei der Trassenführung „an sich keine Präferenz“ habe. Es gehe aber um eine „schnell umsetzbare und rechtlich sichere Lösung“, denn die Zeit drängt: 2017 soll auch die ICE-Strecke zwischen München und Berlin voll ausgebaut sein, eine unfertige S-Bahntrasse nördlich von Fürth könnte da für Behinderungen sorgen.
Drescher wies zudem darauf hin, dass die Bahn beim S-Bahn-Bau nur das umsetze, was der Freistaat Bayern bestelle. „Wenn Sie Änderungen wollen, wenden sie sich an die Landesregierung“, sagte er mit Adresse an die Fürther Gegner des Verschwenks. Damit habe Drescher nicht ganz Unrecht, räumte Krauße ein. „Was die neue Berechnung betrifft, ist der Freistaat in der Pflicht“, sagte er, „aber dazu muss die Bahn erstmal die Daten herausgeben.“ Christian Schmidt kündigte bereits an, die Politik dürfe die Bahn nicht auf den Kosten sitzen lassen, sollte der Verschwenk gekippt und an der Bestandstrasse neu geplant werden müssen. „Das ließe sich politisch lösen“, so Schmidt. Die Voraussetzung wäre aber auch in diesem Fall, dass die Bestandstrasse den Kosten-Nutzen-Faktor von 1,0 erreicht. Kein Problem, betonte Krauße: „Wenn fair gerechnet wird, kommen wir deutlich über die 1,0.“
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