Über 1500 demonstrierten in Fürth gegen rechte Hetze
29.8.2015, 21:28 UhrNachdem einer der führenden Köpfe des verbotenen Freien Netzes Süd am vergangenen Montag eine Kundgebung unter dem Motto "Asylflut stoppen" in Fürth angekündigt hatte, formierte sich in der Kleeblattstadt schnell Widerstand gegen den Marsch der Rechten, gegen rassistisches Gedankengut sowie Hetze gegen Flüchtlinge.
Die Neonazi-Demo fand am Samstag in der Nähe des ehemaligen Möbelhauses Höffner statt, das von den Initiatoren in ihrer Ankündigung als "gigantische Asylkaschemme" diffamiert wurde. Nach längerem Hin und Her hatte die Stadt Fürth 13 bis 16 Uhr als Zeitraum für die Veranstaltung festgelegt, vier Stunden weniger als angemeldet. Und sie verkürzte die Marschroute, die teils durch enge Straßen einer Wohnsiedlung führte, vorbei an Gärten und Einfamilienhäuschen.
Im Vorfeld regte sich bereits großer Protest gegen die Kundgebung: Schnell organisierten mehrere Organisationen Gegendemonstrationen, um den Marsch der Rechten zu stören. So startete eine Kundgebung des Fürther Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus um 12 Uhr an der Ecke Erlanger- und Kronacher Straße, als zweiten Standort für die bürgerlich-linke Protestaktion hatte die Stadt die Ecke Ronhofer/Kronacher Straße genehmigt. Die Fürther Linkspartei hatte eine dritte Demo beantragt, sodass die rechte Kundgebung auch von Norden Gegenwind bekam.
Zum Auftakt äußerte sich Bündnis-Sprecherin Anja Schmailzl mit deutlichen Worten in Richtung der fremdenfeindlichen Demonstranten: "Wir lehnen es ab, dass rechte Kräfte ihr Süpplein auf dem Rücken der Flüchtlinge kochen, indem sie versuchen, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben." Auch wies sie darauf hin, dass der Einzelne nichts dafür könne, in einem Land mit menschenwürdigen Verhältnissen geboren zu sein: "Es ist Zufall." Sie plädierte für Solidarität mit Flüchtlingen und prangerte unter anderem die Waffenexporte vieler Industriestaaten an: "Es ist eine scheinheilige und zynische Politik, weltweit Waffen zu liefern und dann so zu tun, als würden uns die Opfer nichts angehen."
Auch Oberbürgermeister Thomas Jung fand deutliche Worte: "Neonazis und Rechte können sich den Weg nach Fürth sparen", rief er unter dem Applaus hunderter Gegendemonstranten. Eine "machtvolle Demonstration" wie die am Samstagmittag, so sei zu hoffen, werde wohl ein deutliches Signal setzen.
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Jung bedankte sich bei den vielen ehrenamtlichen Helfern, die sich in Fürth und anderswo für Flüchtlinge engagieren und er warnte mit Blick auf die Wohnungsnot in Städten wie Fürth: "Wie müssen aufpassen, dass Gruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden." Ganz sicher nämlich, so der OB, nehmen jene Menschen, die aus Flucht vor Krieg und Verfolgung in der Kleeblattstadt stranden, nicht Studierenden oder anderen Geringverdienern Wohnungen weg.
Absperrungen und hunderte Polizisten trennten Rechtsextreme und die Gegendemonstranten in der Kronacher Straße voneinander. Etwa 60 Meter lagen gegen 13 Uhr zwischen der Anti-Flüchtlings-Demo und den vielen Gegendemonstranten. Zeitweise wurde der Abstand geringer, die Atmosphäre angespannt. An manchen Gartenzäunen, an manchen Fenstern standen Anwohner, abgesehen von den Demos wirkte das Viertel aber verwaist. "Nazis raus"-Rufe und Pfiffe übertönten die fremdenfeindliche Veranstaltung, in deren Mitte Fahnen der rechtsextremistischen Partei Der III. Weg wehten. Diese gilt als Nachfolgeorganisation des Freien Netzes Süd.
Nach Schätzungen der Polizei trafen etwa 80 Rechte auf etwa 1500 Gegendemonstranten. Für Unmut sorgte bei Letzteren, dass die Gegenseite mit einem Bus der VAG an den Veranstaltungsort gebracht wurde. "Dafür zahle ich doch keine Steuern", ärgerte sich ein Demonstrant. Ein Polizeisprecher entgegnete, es habe sich um einen regulären Linienbus gehandelt, der wegen der weitreichenden Absperrungen von seiner üblichen Route habe abweichen müssen.
Ein Ehepaar, das "rechte Horden" im Viertel befürchtet hatte, zeigte sich positiv überrascht, dass sich die Rechten als eher übersichtliches Grüppchen erwiesen und froh angesichts der großen Gegendemo.
Bereits gegen 15 Uhr, eine Stunde früher als sie das hätten tun müssen, beendeten die Rechten ihre Veranstaltung. Die Polizei spricht von einer überwiegend friedlichen Demonstration "ohne nennenswerte" Zwischenfälle, weder Demonstrationsteilnehmer noch Polizeibeamte wurden verletzt. Einzig im Rahmen der Abschlusskundgebung des rechten Spektrums kam es laut Polizei seitens der Gegendemonstranten zu zwei folgenlosen Flaschen- und Böllerwürfen.
Es steht zu vermuten, dass das vorzeitige Ende auch mit dem heißen Wetter zusammenhängt, denn auf der Strecke war kaum Schatten zu finden. Drei Stunden hatten die Gegendemonstranten in der prallen Sonne Flagge gezeigt. Mehrere Hundert von ihnen zeigten noch mehr Durchhaltevermögen und marschierten im Rahmen einer spontanen Demo gegen Rechts noch bis zum Rathaus.