Vertrieben aus dem Paradies

22.10.2015, 10:15 Uhr
Vertrieben aus dem Paradies
Vertrieben aus dem Paradies

© Fotos: Mark Johnston

Birgit Maria Götz befasst sich damit, wie man die historischen Figuren von Adam und Eva heute auffassen könnte. Dazu hat sie Modelle aus ihrem Umfeld ausgewählt und sie auf die Leinwand gebracht. Für Adam steht ein junger Mann mit Latino-Einschlag und krausen Haaren. Er hat etwas sehr Sensibles, Weiches an sich, wirkt wie eine komplizierte Persönlichkeit, kein bisschen wie ein Macho.

Ihm gegenüber hängt das Portrait einer blonden jungen Frau, die Reinheit ausstrahlt. Sie könnte fast ins Eva-Klischee passen. Sieht man aber genauer hin, entdeckt man Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit in ihrem Blick. Wenn Götz dazu noch erläutert, dass sie Fußball spielt und einen technischen Beruf hat, sieht man eine „ganz normale“ moderne Frau.

Alltäglich sind auch die zwei Kinder, Junge und Mädchen, etwa elf Jahre alt, die eben die allerersten Formen der Liebe entdecken und füreinander schwärmen. Diese zarte Annäherung ist nicht einfach, aber wunderschön. Und toll gemalt.

Johanna Klose erkundet Anti-Paradiese, will wissen, wie es aussieht, wenn Adam und Eva sich nach ihrer Vertreibung aus dem Garten Eden „die Erde untertan machen“. Dazu hat sie im ehemaligen Eisenwerk Völklinger Hütte fotografiert.

Vergessene Orte

Wie kein anderes künstlerisches Medium ist die Fotografie essentieller Teil der Industriekultur. Und so sind Eisen, Rost, verfallende Gebäude zu sehen. Vergessene Orte faszinieren den Betrachter. Die abgelichteten Areale wandeln auf den Spuren der Vergangenheit und sind Zukunftsvisionen zugleich. Bei Klose wird die Völklinger Hütte zu einem magischen Tempel, an dem die Zeit stillsteht. Natur und Verwitterung harmonieren erstaunlich gut, ringen aber auch miteinander. Immer wieder gewinnt das Grün, Pflanzen brechen durch.

Susa Schneider widmet sich mit Humor der Frage, wer sie eigentlich ist und was sie geprägt hat. Das Ergebnis trägt Bart, aber nicht wie Sängerin Conchita Wurst, sondern angeklebtes Echthaar. Schneider hat sich vor knallbunten Wänden in dadaistischer Manier fotografiert und dann die Aufnahmen mit den Bärten ihrer Helden ausgestattet.

Da wären der Schnurrbart von Charles Bronson, der Schnäuzer von Albert Einstein; der Rauschebart von Karl Marx, die berühmten gezwirbelten Spitzen von Salvador Dalí, Che Guevaras Kinntracht und einige mehr.

So macht die Künstlerin ihre männlichen Seiten deutlich – und musste zu ihrer eigenen Überraschung feststellen, dass es leider nur wenige Frauen gibt, die Bedeutung für sie hatten.

Auf Natur pur setzt Kathrin Hausel, die einen mächtigen Buchenstamm in den Kulturort Badstraße gebracht hat. Die Gäste dürfen mit einem Messer Herzen und Initialen in die Rinde einschnitzen, ganz romantisch. Wenn der Stamm dann verbrannt wird, kann er über Luft und Regen wiederkehren und ewige Liebeskreisläufe bilden. Ein Gemälde von Hausel dagegen zeigt den Alltag einer Beziehung, der aus einer Rauferei besteht. Dabei kann man nicht sagen, ob es nur Spaß ist oder ob das Paar sich ernsthaft verletzt. Wie auf einem alten Foto hat sie jemand mit Strichen bekritzelt. Ein Kind? Oder ein enttäuschter Partner im Nachhinein? Es bleibt offen. Eine sehenswerte, vielgestaltige Schau.

Ich & Adam, Bilder von Birgit Maria Götz, Kathrin Hausel, Johanna Klose und Susa Schneider, zu sehen in der Badstraße 8 bis zum 1. November

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