Werden Ananas und Zucchini am Bahnhof heimisch?
20.1.2013, 10:00 UhrEin paar Vitamine für den Nachtisch, gesundes Wintergrün für den Kochtopf. Elisabeth Orbach geht gerne und regelmäßig zum Wochenmarkt. Im Moment ist sie erleichtert: „Ich bin froh, dass ich jetzt hier vor dem Bahnhof einkaufen kann.“ Die 68-Jährige kommt aus Dambach mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die City. Keine Frage, für sie ist der aktuelle Standplatz ideal: „Da fahren die Busse ab, ich muss nicht weit laufen und kann gleich mit meinen Einkäufen einsteigen.“
Für Händler Hüseyin Bulut, der seine Stammkundin gerade charmant bedient hat, sind diese Worte Wasser auf seine Mühle. Der 61-Jährige gehört zu den engagierten Bahnhofplatz-Verfechtern: „Hier gibt es ja außer Bahnhof und Haltestellen noch ein Ärztehaus, zwei Cafés – viele Leute also und viel Bewegung.“ Und das sei natürlich ein Vorteil für ihn und seine Kollegen. Zufrieden zeigt Bulut auf die neue Anordnung der Stände: „Ich habe freiwillig sieben Meter von meinen Auslagen abgegeben, damit die Kunden besser durchkommen, alles schön aussieht und auch das Marktamt glücklich ist.“
Den Händlern, versichert er, sei es nämlich wichtig, „verlässliche Partner“ zu sein: „Schließlich soll der Markt sehr gut und ordentlich aussehen.“ Die Zukunft sieht er rosig: „Am Paradiesbrunnen haben wir draufgezahlt, an der Breitscheidstraße haben wir draufgezahlt, aber hier, hier vor dem Bahnhof, sind wir glücklich.“
Optimismus am Käse-Stand
Ein bisschen knapper, aber genauso engagiert beantwortet Käse-Fachfrau Karin Becker die Frage, ob sie an dem aktuellen Standort heimisch werden will: „Ja.“ Die 58-Jährige strahlt: „Das ist jetzt optimal.“ Sie überlegt einen Moment und lacht: „Es ist sogar so gut, dass ich meinen Stand am liebsten an genau dieser Stelle einbetonieren würde.“ Auch ihre Kunden seien zufrieden. Den Wunsch der Einzelhändler, die den Wochenmarkt lieber wieder an der Freiheit, beziehungsweise entlang der Breitscheidstraße sehen würden, kann sie nachvollziehen. Aber: „Ich will nicht egoistisch klingen, doch ich denke, die Einzelhändler haben ihre Kundschaft, wir haben die unsere.“ Optimistisch plant Karin Becker jetzt, ihren Käse-Spezialitäten-Wagen noch schicker zu gestalten: „Ich habe so zwei Käselaib-Dummys besorgt, die sich drehen, die sollen aufs Dach, dann werden Spiegelfliesen befestigt und eine Leuchtreklame.“
Christiane Fiechter verstaut ihre Markteinkäufe im Fahrradkorb. Auch sie ist Wochenmarkt-Stammkundin („Da gibt es Sachen, die ich woanders nicht bekomme“) und mit dem Bahnhofplatz einverstanden. „Für mich liegt das günstig.“ Grundsätzlich ist der Standort für sie aber kein gewichtiges Thema. Kundin will sie auf jeden Fall bleiben, ganz gleich, wo die Händler in Zukunft ihre Waren aufbauen.
Auch Peter Fiedler ist begeistert vom frischen Markt-Angebot von Ananas bis Zucchini. Dafür kommt der 65-Jährige sogar aus Zirndorf. Er sieht deutliche Vorzüge für den aktuellen Platz: „Vor dem Bahnhof ist das Flair gut, es ist schöner als auf der Freiheit, der Platz dort war immer zu groß für die Zahl der Stände.“ Fiedler zählt zu den Stammkunden am Stand von Gisela Schäfer, die aus Weilersbach bei Forchheim mit ihren Waren anreist. „Seit 48 Jahren komme ich auf den Fürther Wochenmarkt, ich denke, ich bin von allen hier am längsten dabei“, sagt sie. Mit dem Bahnhofplatz ist sie einverstanden. Mit der Freiheit verbindet sie viele Erinnerungen: „Das ist halt der Platz, auf dem ich die weitaus meiste Zeit gestanden habe, da ist man dran gewöhnt.“
Einen ungestörten Überblick auf eine weiße Fläche bietet dieser Bereich der Fürther Freiheit derzeit. „Mode Mary Lou“ und „Viva Maria“ gehören zu den Fachgeschäften in unmittelbarer Nähe. „Natürlich ist es nicht egal, wo der Wochenmarkt aufgebaut wird“, sagt Inhaberin Maria Grazia Tricarico. Aber sie will den Händlern nicht vorgreifen: „Sie müssen selbst sagen, wo für sie die bessere Verkaufssituation mit der größten Kundenfrequenz ist.“ Ob der Markt in unmittelbarer Nähe zu den beiden Boutiquen von Vorteil ist? „Das ist schwer zu sagen, aber ich möchte gar nicht an uns denken, die Wochenmarkthändler verdienen ihr Geld schwer genug.“ Trotzdem sei ihr aufgefallen, dass die wenigsten Kunden beim Einkauf von Äpfeln und Salat plötzlich auf ihr Mode-Angebot aufmerksam werden: „Es ist eher so gewesen, dass Kundinnen von uns aus den Markt sahen und sagten: Schön, da können wir jetzt auch noch vorbeischauen.“
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