Woolworth-Kaufhaus in Fürth ist Baudenkmal
28.10.2014, 08:59 UhrDer Klotz am südlichen Eingang der Fußgängerzone leuchtet im Denkmal-Atlas, dem kartografischen Pendant zur Denkmalliste, neuerdings ebenso rosarot wie das klassizistische Rathaus, das neobarocke Stadttheater und zig andere Vorzeige-Objekte in der Denkmalstadt Fürth.
1694 Baudenkmäler sind in Fürth verzeichnet. Dass auch das aus den 1950er Jahren stammende Werk des Architekten Hans Paul Schmohl dazu zählt, in dem das Billigkaufhaus Woolworth untergebracht ist (früher: Bilka), findet Jung unbegreiflich: „Das entwertet den Gedanken des Denkmalschutzes und schadet ihm“, zürnte er, als er erfuhr, dass das in München ansässige Landesamt seine Ankündigung wahr gemacht und den Komplex auf die Denkmalliste gesetzt hat.
Wie berichtet, beurteilen die Münchner Experten die Sache ganz anders. Nach ihrer Einschätzung repräsentiert Schmohls Erbe die Kaufhausarchitektur der Nachkriegszeit. Es gilt als „seltenes Beispiel eines Übergangsbaus, der die Entwicklung weg vom Stahlbeton hin zur Vorhangfassadenästhetik dokumentiert“, und das an prominenter Stelle der Innenstadt.
Fürths Heimatpflegerin Karin Jungkunz („Auch Woolworth gehört für mich zu Fürth“) findet die Entscheidung des Landesamts „absolut richtig“. Es gebe nun mal schützenswerte Denkmäler der Nachkriegszeit, „die Zeit hört im Mittelalter oder bei der Industrialisierung nicht auf.“
Der städtische Bauausschuss hat sich im Juli 2013 gegen den Schritt ausgesprochen, das Kaufhaus in die Liste der Baudenkmäler aufzunehmen. Ähnlich wie der OB betrachteten die Ausschussmitglieder das Gebäude als „unpassenden Klotz zwischen wunderschönen Häusern“ (Jung), als „städtebaulichen Fehler“, den es eines Tages zu korrigieren gilt. Dass man die Stellungnahmen von Kommunen „völlig ignoriert“, wurmt den OB. Das kenne er aus keinem anderen Bereich des öffentlichen Lebens, sagt er und sieht hier einen „letzten Rest von Absolutismus in unserem Land“
Fürths Baureferent Joachim Krauße ist alles andere als froh über die Entscheidung aus München, doch zeigt er Verständnis: „Man kann auch ein hässliches oder problematisches Gebäude unter Schutz stellen.“ Der Woolworth-Komplex sei markant, und weil er die Linien der umliegenden Sandsteinhäuserfronten nicht aufgreife, spiegle er eine bestimmte städtebauliche Auffassung seiner Entstehungszeit wider. Nur müsse eine Stadt die Planungshoheit und damit die Chance haben, sich nach reiflicher Abwägung und intensiver, sachlicher Diskussion auch mal gegen den Erhalt eines Denkmals oder zumindest für Veränderungen daran zu entscheiden. In der Praxis sei das schwierig. Da werde, was Krauße bedauert, um Denkmäler meist moralisch aufgeheizt debattiert. Als Beispiel nennt der Referent den umstrittenen Abriss des historischen Parkhotel-Saals.
Der Abbruch von Woolworth steht nicht zur Debatte. Die Hauseigentümerin, eine niederländische Investorengruppe, soll in der Vergangenheit lediglich Umbaumaßnahmen ins Auge gefasst haben. Doch selbst für geringfügige Veränderungen an einem Baudenkmal braucht es das Okay der Unteren Denkmalschutzbehörde.
Das gilt für das Innere wie für das Äußere, sagt Krauße mit Verweis auf jene vier Anwesen in der Breitscheidstraße, die im Zuge der Bauarbeiten für den Einkaufsschwerpunkt Neue Mitte entkernt wurden. Wie berichtet, gingen dem Landesamt die Maßnahmen zu weit, es erkannte allen vier Häusern die Denkmalwürdigkeit ab. Dass aber ausgerechnet bei Woolworth, dem Billigkaufhaus im schnöden Klotz, einmal abzuwägen sein könnte zwischen dem Erhalt eines Denkmals und seiner Nutzung, zwischen „Hülle und Inhalt“ (Jungkunz), das freilich dürfte in Fürth vielfaches Kopfschütteln auslösen.
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