Ziemlich beste Freunde in Fürth

30.6.2016, 10:49 Uhr
Ziemlich beste Freunde in Fürth

© Foto: Markus Kohler

Ziemlich beste Freunde sind schwer zu finden. Das klappt nicht auf Bestellung, das braucht seine Zeit. Und das „ziemlich“ im Titel legt eine gewisse Distanz nahe, die dafür sorgt, dass eben nicht alles eitel Harmonie bleibt, dass Spannung herrscht, der Konflikt das Geschehen antreibt. Sonst wird es schnell langweilig.

Und tatsächlich könnten die Gegensätze anfangs kaum größer sein: Hier der halsabwärts gelähmte, verbitterte Philippe, dort der agile Driss; hier der kultivierte Bildungsbürger, dort der demotivierte Halbkriminelle; hier der erotisch Gehemmte, dort der ständig scharfe Frauenheld; hier der Weiße, dort der Schwarze. Das muss ja Krach geben, und tatsächlich scheppert es bereits in den ersten zehn Minuten. Aber der Konflikt weckt Philippes Lebensgeister, weshalb er Driss einen Monat als Pfleger zur Probe engagiert.

Wer den Film gesehen hat, weiß ja, was ihn erwartet: eine grimmige Komödie, die in ihren besten Momenten sarkastisch bis tiefschwarz die Kluft zwischen Rassen, Klassen, Behinderten und (noch) Gesunden auslotet, in ihren flaueren Augenblicken nur die Provokation um ihrer selbst willen sucht. Gerade weil „Ziemlich beste Freunde“ alles andere als politisch korrekt daherkommt, reizt die Komödie zum Lachen — und verschlägt empfindsamen Gemütern die Sprache.

Wie formen nun Gunnar Dreßler (Adaption) und Gerhard Hess (Regie) den Stoff von Olivier Nakache und Éric Toledano für die Bühne um? Sie konzentrieren sich aufs Wesentliche. Sämtliche Szenen spielen in Philippes Salon bzw. in seinem Schlafzimmer. Das Personal konzentriert sich auf das Trio Driss, Philippe und dessen Sekretärin Magalie. Hinzu treten sporadisch einige Randfiguren.

Die Handlung folgt der des Films: Vorstellungsgespräch, erste katastrophale Handreichungen und Pflegebemühungen, die Erkenntnis über das Ausmaß von Philippes Lähmung, sowie ein paar Kunststücke mit dem Rollstuhl. Jedesmal muss Magalie als Korrektiv eingreifen, es folgt eine Pointe, ein witziger Spruch, dann folgt die Abblende. Das heißt, auf der Bühne geht das Licht aus und nach ein paar Sekunden folgt die nächste Szene.

Gefahr gebannt

So droht die Komödie in ihrem filmischen Tempo zu einer Nummernrevue zu zerfallen. Aber dann folgt eine lange, schmerzlich intensive und intime Szene: Philippe hat nachts einen Anfall, der überforderte Driss raucht mit ihm einen Joint. Nun endlich öffnen sich der verbitterte Herr und sein bockiger Angestellter, im Rausch kommen sich die beiden näher. Fortan bleiben auch die folgenden Episoden länger, stringenter und intensiver.

Dies ist vor allem dem Spiel der Darsteller zu verdanken. Felix Frenken gibt den übermütigen Halbkriminellen, dessen verschüttete menschliche Qualitäten langsam zum Vorschein kommen, mit tollkühner Chuzpe. Timothy Peach steht ihm in seinem reduzierten Spiel und bissigen Sentenzen in nichts nach, lässt darüber hinaus jenseits der Mitleidsschiene ahnen, was absolute Hilflosigkeit bedeutet. Zwischen ihnen vermittelt kühl ironisch Sara Spennemann als Sekretärin Magalie.

Freilich, der Film lebt besonders davon, dass er seine Protagonisten aus der Matratzengruft reißt, dass die Freunde mit dem Rollstuhl durch Paris sausen, mit dem Maserati durch die Gegend flitzen, sogar einen Fallschirmsprung hinlegen. Also Action liefert, wo man sie am wenigsten erwartet. Das kann die Bühne nicht leisten, weshalb von den Ausbrüchen nur die Rede ist, beziehungsweise einige Szenen nach den Ausflügen anknüpfen.

Um dies Manko auszugleichen, muss ein bisschen Spannung hinein. Wohlmeinende Freunde säen Zwietracht zwischen Philippe und Driss, zudem konzentriert sich die Bühnenfassung auf die platonische Liebe Philippes zu seiner Brieffreundin Eleonore. Eine Freundschaft, der Driss entschlossen Dampf macht und die er zum glücklichen Ende führt.

Am Ende also siegt die Liebe und ein Traum wird wahr. Das Leben geht auch im Rollstuhl und mit Vorstrafenregister weiter, sofern man nur sein Herz öffnet. Ein bisschen platt, die Erkenntnis. Doch der burlesk-sarkastische Weg bis dahin entschädigt reichlich für den allzu glatten Zieleinlauf. Aber das war ja bereits im Film so.

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