Bunte Schmerzlinderer, die man drücken kann
30.10.2012, 16:28 Uhr Was „Herzkissen“ sind, ist eigentlich selbsterklärend: herzförmige Kissen eben, in bunten Farben, und in diesem besonderen Fall mit etwas überproportionierten „Ohren“. Diese sollen helfen, das Kissen bequem unter den Arm zu klemmen. Denn die Herzkissen sind für Frauen (und sehr selten auch Männer) nach einer Brustkrebs-Operation bestimmt.
Die Initiative stammt aus den USA. Nancy Friis-Jensen, eine dänische Krankenschwester, brachte sie vom „Erlanger Breast Resource Center“ in Tennessee mit nach Europa. An der Brust operierten Menschen helfen die Kissen, die typischen Wund- und Schwellungsschmerzen in den Achselhöhlen zu lindern, Lymphblockaden zu vermeiden, auf der Seite zu liegen sowie Stöße beim Gehen oder den Druck des Gurts beim Autofahren abzufedern. Außerdem sollen die weichen, farbenfrohen Hilfsmittel Trost spenden und eine Geste sein, dass die Erkrankten mit ihren Ängsten und Sorgen nicht allein sind.
In der Altmühlstadt setzte Christine Mikschik die Idee in die Tat um. Zusammen mit anfangs vier, inzwischen jedoch einem guten Dutzend Mitstreiterinnen näht sie seit etwa einem Jahr Herzkissen für das Brustzentrum Westmittelfranken in Ansbach sowie in kleinerem Umfang für die Schlossbergklinik Oberstaufen und das Weißenburger Kreiskrankenhaus. Rund 170 Exemplare gingen zu Jahresbeginn bereits kostenlos an die dortigen Brustkrebspatienten, knapp 120 weitere stellten die fleißigen Helferinnen dieser Tage fertig.
Waschen, nähen, bügeln, stopfen ...
„Die meiste Zeit kostet das Zunähen“, erklärt Hedwig Riedel, die zusammen mit Mikschik, Karolin Schott und Erika Eberle eine der vier Kissen-Näherinnen der ersten Stunde ist. Aber auch ansonsten steckt viel mehr Arbeit in den bunten Wattepaketen, als man auf den ersten Blick vermutet. „Zuerst waschen und bügeln wir die Stoffe“, zählt Riedel auf. „Dann schneiden wir sie in Form, nähen die Hälften zusammen, bügeln sie erneut, wiegen die Füllwatte ab, stopfen sie in die Kissen und nähen diese zu.“ Zum Schluss werden die Herzkissen verpackt und mit einer ebenfalls herzförmigen Grußkarte versehen.
Eine gute halbe Stunde brauchen geübte Näherinnen für ein komplettes Kissen, ungeübte deutlich länger. Nach zehn und mehr Exemplaren tun da schon einmal „die Finger weh“, obwohl die Gunzenhäuser Frauen zu Hause bereits viel Vorarbeit geleistet hatten. Beim gemeinsamen „Endspurt“ im katholischen Pfarrheim füllten und schlossen die Ehrenamtlichen ihre während des Sommers vorbereiteten Kissenhüllen zwar nur noch – bis alle knapp 120 Herzkissen abholbereit waren, verging dennoch ein ganzer Nachmittag.
Die Weitergabe an die Krebspatientinnen am Ansbacher Brustzentrum übernimmt die dortige Ober-ärztin Dr. Jennifer-Lisa Schnell. Den Erstkontakt der Näherinnen zu der Operationsklinik hatte Karin Lesch von der Gunzenhäuser Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs hergestellt (www.frauenselbsthilfe.de/gunzenhausen). Wer die Aktion tatkräftig oder mit (Stoff-)Spenden unterstützen möchte, kann sich unter Telefon 09831/1290 an Christine Mikschik wenden.
Eine Besonderheit der Gunzenhäuser Herzkissen-Näherinnen ist schließlich, dass die Initiative kein Verein, sondern rein privat ist. Und dass keine der Frauen selbst von Brustkrebs betroffen ist. „Wir alle hoffen, dass wir unsere Kissen nie selbst brauchen werden“, ruft Mikschik aber in Erinnerung, dass es jeden treffen kann. Deshalb wollen sie und ihre Mitstreiterinnen den Erkrankten nicht nur helfen, nach der Operation möglist schmerzfrei zu sein, sondern auch Hoffnung geben – „und etwas Weiches, das man drücken kann“.
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