Ein neuer Windpark für 30 Millionen Euro
15.11.2011, 14:52 UhrWas anderswo in Deutschland – im Norden, Osten, aber auch in Teilen des nördlichen Bayerns – ein alltäglicher Anblick geworden ist, erscheint für Mittelfranken als außergewöhnliches Ereignis, das Zeichen in die Landschaft setzt.
Bei der RENERCO handelt es sich um ein Unternehmen aus München, das zu fast 90 Prozent der BayWa r.e. gehört, und die wiederum ist ein Tochterunternehmen der BayWa Aktiengesellschaft in München. Der Name steht für „Renewable Energy Concepts“.
Das Unternehmen ist schon seit über 20 Jahren im Windbereich tätig, stieg im vergangenen Jahr in den schon lange diskutierten Windpark Stetten/Obermögersheim ein und übernahm das Projekt von der Firma EFI Energy Farming International GmbH mit Sitz in Mülheim/Ruhr. Vorher hatte es in den beteiligten Rathäusern in Gunzenhausen und Wassertrüdingen große Zweifel gegeben, ob EFI tatsächlich zur Realisierung schreiten würde.
Mit RENERCO jedenfalls kam Bewegung in die Sache. Beim Landratsamt in Ansbach wurde der Genehmigungsantrag nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eingereicht, und Anfang August dieses Jahres kam von dort grünes Licht. Die Ansbacher Behörde machte dem Antragsteller zur Pflicht, archäologische Voruntersuchungen in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege durchzuführen. Das wurde auch so gemacht, zu einer Verzögerung kam es wegen der Bodenuntersuchung nicht. Wie Projektleiter Frör weiter berichtet, wurde nach ersten bauvorbereitenden Maßnahmen am 5. Oktober mit dem Bau begonnen. Es werden neun Windkraftanlagen entstehen, alle vom Typ Vestas V 90 der Zwei-Megawatt-Klasse.
Neun riesige Windräder
Die Unternehmensgruppe Vestas hat ihre Zentrale im dänischen Randers und gilt als einer der führenden Windenergieanlagenhersteller. Die deutsche Vestas-Tochter sitzt in Husum/Schleswig-Holstein. Für den Windpark Stetten/Obermögersheim hat RENERCO Vestas mit dem „Herzstück“ beauftragt, der Herstellung, Lieferung und Montage der neun riesigen, dem aktuellen Stand der Technik entsprechenden Windräder. Diese haben eine Nabenhöhe von 105 Metern, und die Rotoren sind 44 Meter lang. Damit wird die oberste Spitze der Rotoren (jeweils für einen kurzen Moment) knapp 150 Meter über dem Boden sein. Die Vestas V 90 ist ein neuer Typ, der alle Netzanforderungen, wie sie das aktuelle Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorschreibt, erfüllt.
Theoretisch könnten die Anlagen noch höher ausfallen, aber die Städte Gunzenhausen und Wassertrüdingen trafen die politische Entscheidung, dass die Nabenhöhe nicht mehr als 105 Meter betragen darf. Der Windpark wird eine installierte Nennleistung von 18 Megawatt haben. Martin Frör nennt auch eine andere Zahl: Eine Anlage schafft im Jahr zirka vier bis fünf Millionen Kilowattstunden. Damit können die neun Windräder jährlich den Strom für rund 10 000 Privathaushalte produzieren. Durch diesen Windpark werden Jahr für Jahr 28 000 Tonnen CO2 vermieden. Viel Beton für die Fundamente RENERCO als Auftraggeber kümmert sich um die Koordinierung und alle begleitenden Arbeiten.
Zu ihren Auftragnehmern gehört auch die Firma Grillenberger in Degersheim. Sie ist für den Erdaushub und den Wegebau zuständig. Für die Fundamentarbeiten wird unter anderem Material vom Betonwerk in Unterwurmbach verwendet. Für jedes der neun Fundamente werden 700 Kubikmeter Beton benötigt. Auch das unterstreicht die Größe der Investition. Alles in allem wird die BayWa-Tochter RENERCO 28 bis 30 Millionen Euro aufbringen, um ihren ersten Windpark in Bayern zu realisieren. Die neun Areale für die Windkraftanlagen wurden langfristig gepachtet. Die Kalkulation der RENERCO ist, auf der Basis des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, auf 20 bis 25 Jahre ausgelegt. Der Investor muss im Übrigen auch für Ausgleichsflächen sorgen. So verlangt es der landschaftspflegerische Begleitplan. Jede Anlage besteht aus den vier Turmteilen, dem Maschinenhaus und den drei Rotorblättern. Die riesigen Teile werden über die Autobahn 6 bis Ansbach und von dort auf der Staatsstraße 2221 durch Unterschwaningen und Obermögersheim zur Baustelle transportiert. Die Schwerlastfahrzeuge dürfen nur nachts unterwegs sein.
Erdleitung nach Wassertrüdingen
Das Windrad Nummer vier wird als erstes errichtet, es gilt als Masteranlage. Von dort aus führt eine 20-kV-Erdleitung nach Wassertrüdingen. Diese Leitung wird gerade gebaut. Der im Windpark erzeugte Strom wird dann in das neue Umspannwerk der N-Ergie in der Wörnitzstadt fließen. Man habe frühzeitig mit der N-Ergie alles abgesprochen, um auf diesem Gebiet Sicherheit zu haben, betont Martin Frör. Alles sei so konzipiert, dass die technischen Anlagen die Strommenge verkraften könnten. Die RENERCO drückt aufs Tempo. Noch in diesem Jahr sollen alle neun Anlagen in Betrieb gehen. Der Grund dafür ist einfach: Die gesetzlich garantierte Einspeisevergütung fällt ab dem 1. Januar 2012 geringer aus. Bisher spielte das ruhige Herbstwetter mit. Der Bau befindet sich im Zeitplan. Im Wochenrhythmus werden zwei Fundamente gegossen. Die Wetteraussichten sind weiterhin günstig. Deshalb können die RENERCO- und Vestas-Leute zuversichtlich sein, alles im festgelegten Zeitrahmen zu schaffen. Sollte wider Erwarten eine oder mehrere Anlagen erst 2012 fertig sein, müsste man mit den neuen Vergütungssätzen vorliebnehmen. Kooperation der beiden Städte Der Windpark Stetten/Obermögersheim wurde bereits Anfang des vergangenen Jahrzehnts in der Theorie vorbereitet. Gunzenhausen sah ihn bereits ab 2003 in seinem Flächennutzungsplan vor, 2006 folgte dann die Aufnahme in den Regionalplan.
Bürgermeister Joachim Federschmidt ist sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit der Stadt Wassertrüdingen, wo ebenfalls schon frühzeitig die Idee eines gemeinde- und landkreisübergreifenden Windparks auf Zustimmung stieß. Das gesamte Plangebiet ist 103 Hektar groß und verteilt sich auf 60 Hektar auf Wassertrüdinger Seite (mit fünf Windkraftanlagen) und 43 Hektar auf Gunzenhäuser Gebiet (vier Anlagen). Auch Federschmidts Kollege Günther Babel (Wassertrüdingen) blickt zufrieden auf die gemeinsame Bauleitplanung zurück. Die Aufgabenverteilung habe sich bewährt. Gunzenhausen sorgte für Baurecht, dafür war das Ansbacher Landratsamt Genehmigungsbehörde.
Weitere Windräder nicht auszuschließen
Die Wassertrüdinger wollen eine weitere Nutzung der erneuerbaren Energien nicht ausschließen. Weitere Windräder könnten möglich werden, falls es die Überprüfung des Stadtgebiets so ergeben sollte, sagt Günther Babel. Aus Joachim Federschmidts Worten ist dagegen zu schließen, dass Gunzenhausen beim weiteren Ausbau der Windkraftnutzung sehr zurückhaltend sein wird. Der touristische Kernbereich um die Seen und im Altmühltal soll und darf nicht angetastet werden. Der Windpark Stetten/Obermögersheim hat keinen Proteststurm in der Bevölkerung entfacht, auch wenn es einige sehr kritische Stimmen gab, etwa vom Schloss Spielberg und aus Obermögersheim. In dem Wassertrüdinger Stadtteil lebt Karl Wagner, er wollte Mitstreiter gewinnen und das Vorhaben unter allen Umständen verhindern (wir berichteten). Die Stettener zeigten sich einsichtig. Ortssprecher Karl Gutmann drängte darauf, dass nicht nur die Landwirte als Flächenbesitzer, sondern die gesamte Bürgerschaft rechtzeitig informiert wurde.
Zweimal war RENERCO in Stetten und einmal in Obermögersheim, um die Menschen über ihre Absichten ins Bild zu setzen. „Auch bei der jüngsten Bürgerversammlung in Obermögersheim war von den Anwesenden kein Widerstand zu vernehmen“, berichtet Günther Babel. Aber auch er weiß, dass das Verwaltungsgericht in Ansbach noch ein Wort mitreden wird, denn ein Bürger seiner Stadt hat gegen die vom Landratsamt erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung geklagt. Einer der „Baustellen-Touristen“ war in den vergangenen Tagen Asmus Freiherr von Esebeck, Kreisheimatpfleger a. D. aus Oberschwaningen. Seinen traurigen und ironisch gemeinten Kommentar ließ er dem Altmühl-Boten zukommen: Neun Anlagen würden künftig die Kulturlandschaft im Bereich des Spielbergs und des Gelben Bergs mit einer Höhe von 150 Metern „bereichern“.
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