Aus dem Welpenschutz zurück ins Rampenlicht
15.1.2016, 05:45 UhrWenn man die aufgezeichneten Gespräche mit Basketballern hinterher kaum noch versteht, kann das zwei Gründe haben. Erstens: Der Spieler stammt aus New Jersey und jedes Wort klingt zäh wie ein 40 Minuten lang bearbeiteter Kaugummi. Oder zweitens: Das Gespräch wurde in einer sehr lauten Halle geführt.
Haris Hujic kommt nicht aus New Jersey und in besonders lauten Hallen ist er bislang selten vorstellig geworden. Vor der Saison wechselte der 18-Jährige aus Hagen nach Nürnberg, ist aber immer wieder bei der TS Herzogenaurach in der 1. Regionalliga Süd/Ost zu sehen. Denn zum Kader der Longhorns zählt er dank der Kooperation mit rent4office auch.
Sein Können präsentiert er ansonsten entweder in der Nachwuchs-Basketball-Bundesliga (NBBL) oder in der Pro A, wo Basketball in dieser Spielzeit lediglich an Standorten wie Vechta oder Chemnitz ein lautes Großereignis ist. Beide Städte hat Haris Hujic in dieser Saison mit rent4office bereits besucht, diese Dienstreisen liegen nun allerdings schon einige Zeit zurück.
Nebenrolle im Schaufenster
Am vergangenen Wochenende konnte man den jungen Point Guard in einer noch viel lauteren Arena erleben, was damit zu tun hat, dass Hujic in Deutschland immer noch eines der größten Basketball-Versprechen seines Jahrgangs ist. In Bamberg hatte die Bundesliga zum Allstar Day geladen, neben den schillerndsten Erscheinungen des Profi-Betriebs sind traditionell auch die eingeladen, die irgendwann einmal selbst Profis werden und ihre Rechnungen durchs Basketballspielen bezahlen wollen möchten.
Für die großen Stars ist der Termin vor allem eine Spaßveranstaltung, bei der man sich nicht wehtun möchte, für die kleinen Stars ist es ein Event, den man besser ernst nimmt. Wenn die besten Basketballer der NBBL gegeneinander antreten, dann ist dieses Spiel wie ein Schaufenster, in dem man sich von seiner besten Seite präsentieren will.
Im Vorjahr war das Haris Hujic sehr gut gelungen, am Ende des Schaukampfes zwischen Nord- und Süd-Auswahl wurde er zum wertvollsten Spieler der Veranstaltung gewählt. Sein Name steht dadurch in einer Reihe mit Elias Harris (2008), Paul Zipser (2012) oder einem gewissen Patrick Heckmann (2010), der gerade bei den Brose Baskets für Aufsehen sorgt. In diesem Jahr musste Hujic den Titel Leon Kratzer aus dem Bamberger Nachwuchsprogramm überlassen, der Nürnberger Vertreter lieferte mit fünf Punkten und sechs Korbvorlagen ein eher unauffälliges Spiel, was auch darauf zurückführen war, dass er noch einen anspruchsvollen Lehrgang bei der Nationalmannschaft in den Beinen hatte. Immerhin, auch diesmal leitete er über weite Strecken den Spielaufbau der siegreichen Mannschaft.
Wer sich beim kleinen Allstar Game als MVP hervortut, hat tatsächlich ganz gute Chancen, irgendwann ganz oben anzukommen, so mancher Mitspieler findet sich dagegen recht bald in der Regionalliga zwei wieder, beim Versuch wenigstens noch gegen die TuS Breckerfeld gut auszusehen.
„Viele Spieler dominieren mit 16 Jahren alles und ein paar Jahre später kennt sie keiner mehr. So ist eben der Sport.“ So hat das Haris Hujic gesagt, als er vergangenen Herbst in Nürnberg angekommen war, und zu den vielen Auszeichnungen in der Vorsaison befragt wurde. Das Glück ist ein flüchtiger Begleiter, erst recht auf dem langen Weg nach oben.
Wie flüchtig Glück sein kann, das bekommt er gerade in Nürnberg zu spüren. Für die Zweitliga-Mannschaft von rent4office läuft die Saison bislang holprig, gemessen an der Erwartungshaltung ist sie sogar eine Enttäuschung. Das hat am wenigsten mit Hujic selbst zu tun, der zwar bei 14 von 17 Partien zum Einsatz kam und durchschnittlich zwölf Minuten auf der Platte steht, der in seiner ersten Pro-A-Saison aber noch so etwas wie Welpenschutz genießt. Bei Nürnbergs NBBL-Team ist er der Kopf, in der ersten Mannschaft dagegen ein Lehrling, der wegen der zahlreichen Ausfälle zwischenzeitlich schon größere Rollen übernehmen musste, als er sie sich vor der Saison ausgerechnet hatte.
Gute schlechte Erfahrungen
Und auch bei seinen Auftritten für die Herzogenauracher Longhorns konnte Hujic überzeugen. Zwar zog er in dieser Saison nur viermal das TS-Trikot über, erzielte dabei aber 61 Punkte. Mit ihm holte das Regionalliga-Team zwei von bisher nur drei Siegen, verlor einmal nach Verlängerung und einmal nur knapp.
„Für mich ist das sehr lehrreich, dass nicht alles nur gut läuft“, sagt Hujic über die Situation in Nürnberg. In drei Jahren möchte er den Sprung in die Bundesliga schaffen, vielleicht helfen ihm dabei auch die jüngsten Erfahrungen. Ob ihm der Sprung gelingt, wird davon abhängen, ob sein aktueller Verein den Weg dorthin findet, und natürlich davon, wie schnell sich Hujic zurechtfindet. Seine gute Übersicht und die Qualitäten beim Wurf konnte er in der Pro A bislang nur andeuten, noch fremdelt er ein bisschen mit der Umgebung, allerdings geht es da derzeit deutlich reiferen Teamkollegen nicht anders.
An große, laute Hallen könnte er sich jedenfalls gewöhnen. Über 3000 Zuschauer hatten den Weg in die Bamberger Arena bereits gefunden, als der Nachwuchs aufspielte, im Lauf der Partie wurden es sogar mehr. Hinterher dröhnte laute Popmusik aus den Boxen, neben ihm tanzten ein paar Cheerleader und auf dem Feld bereiteten sich Muskelpakete wie Bradley Wanamaker oder Will Cherry auf den Dreier-Contest vor.
Ob er sich dort auch in ein paar Jahren sieht? Haris Hujic lächelte und schickte noch einen Satz hinterher, der irgendwo zwischen den Bässen der Popmusik verschwand.
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