Höchstadter ging ans "darknet" verloren

Claudia Freilinger

Nordbayerische Nachrichten Herzogenaurach/Höchstadt

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21.9.2017, 17:02 Uhr

Die Bewährungshelferin setzt den Zeitpunkt früh an. "Ab seinem zwölften Lebensjahr ist uns der Angeklagte ins darknet verloren gegangen", sagt sie. Im sogenannten "dunklen Internet" surfen Nutzer völlig anonym – optimale Bedingungen für kriminelle Machenschaften. Dort hat sich der Höchstadter im Alter von 20 Jahren gestohlene Kreditkartendaten besorgt.

Auf Kosten Fremder hat er dann im Jahr 2015 regelrechte "Pizza-Partys" gefeiert, wie Richterin Karin Frank-Dauphin es ausdrückte. 21 Mal ließ er zwischen September und November den Lieferservice kommen und verspeiste am Ende — teils mit Freunden, teils mit seiner Familie — Waren im Wert von rund 550 Euro.

Im "darknet" lernte der Höchstadter dann auch zwei Komplizen kennen, mit denen er bei einer weiteren Betrugsmasche gemeinsame Sache machte. Auf der Plattform ebay und bei ebay Kleinanzeigen lockte er Käufer mit Dingen, die er nie besaß. Gartenmöbel, Küchengeräte (Thermomix), Ventilatoren. Hier stand am Ende ein Schaden von rund 4500 Euro.

"Schamlos" und "perfide" sei diese Abzocke gewesen, sagte die Richterin bei ihrer Urteilsbegründung. Sie bescheinigte dem Angeklagten "eine hohe kriminelle Energie." Weil die Jugendgerichtshilfe und auch seine Bewährungshelferin von großen Reiferückständen sprachen und der Mann zum Zeitpunkt der Taten noch 20 Jahre alt war, wurde er nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Dieses hatte auch schon in einem vorherigen Fall Anwendung gefunden, der 2016 vor Gericht kam.

Amoklauf angekündigt

Auf einer Chat-Plattform im darknet hatte der Höchstadter sich 2015 mit anderen Usern zu Straftaten verabredet. Seine Aufgabe: Er telefonierte mehrere Polizeistationen ab und kündigte jeweils brutale Amokläufe an. Daraufhin wurden entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Diese Taten brachten ihm zwei Jahre Bewährungszeit ein, die noch nicht abgelaufen ist. Die Betrugsdelikte waren in diesem Zusammenhang bei einer Hausdurchsuchung aufgeflogen, hatten aber schon vor den Amok-Anrufen stattgefunden. Er hat damit also nicht gegen die aktuellen Bewährungsauflagen verstoßen und gab sich im Verfahren geläutert. Auch sein Verteidiger und die Bewährungshelferin erstellten eine postive Sozialprognose. "Im darknet fehlt die soziale Kontrolle", betonte sein Anwalt Thomas Skapczyk. "Er hat den Boden unter den Füßen verloren."

Richterin Karin Frank-Dauphin betonte, eins der wichtigsten Ziele sei es jetzt, eine Berufsausbildung in Angriff zu nehmen.

Unter Einbeziehung des älteren Urteils verhängte sie eine Gesamtstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, die unter Arbeitsauflagen auf Bewährung ausgesetzt ist.

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