Juden fürchten Antisemiten unter den Flüchtlingen
08.12.2015, 10:40 Uhr
"99,99 Prozent dieser Menschen wollen nichts anderes als ein sicheres Leben führen", glaubt David Geballe, Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Fürth. Antisemitisch eingestellt und gewaltbereit sei nur ein winziger Bruchteil der Asylbewerber, ist er überzeugt. "Aber bei einer Million Flüchtlinge besteht dieser Bruchteil dann eben doch aus 1000 Leuten", gibt Geballe zu bedenken.
Er wisse von der Sorge, "dass in großer Zahl Menschen zu uns kommen, die in einer Israel- und judenfeindlichen Umgebung aufgewachsen sind und womöglich einen tief sitzenden Antisemitismus mitbringen", sagt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Auf arabischen Landkarten oder auch in den Schulbüchern gibt es schlicht keinen Staat Israel. Kinder wachsen mit TV-Serien auf, in denen die Juden als die Personifizierung des Bösen dargestellt werden.
Nach Ansicht der Berliner Antisemitismus-Forscherin Stefanie Schüler-Springorum ist noch wenig bis gar nichts über die Einstellungen der Menschen bekannt, die in Deutschland Zuflucht suchen. Sie hält die kursierenden Bedenken für berechtigt, warnt aber vor vorschnellen Urteilen.
Weil niemand die Gefahr genau einschätzen kann, gehen viele jüdische Gemeinden im Bundesgebiet lieber auf Nummer sicher. "Da wird derzeit viel Geld investiert", sagt der Fürther Rabbiner Geballe. Gemeint sind zusätzliche Überwachungskameras vor jüdischen Einrichtungen wie Schulen oder Gemeindezentren, der Einbau schusssicherer Fensterscheiben in den Synagogen oder leichter erreichbare Polizeinotruf-Knöpfe.
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