Landtagswahl 2013: Fünf Zettel, neun Entscheidungen
15.9.2013, 13:14 UhrWahl des bayerischen Landtags
Der bayerische Landtag, die Volksvertretung des Freistaats, setzt sich aus 180 Abgeordneten zusammen – und die gilt es, am Sonntag neu zu bestimmen. Die Wahl erfolgt in sieben Wahlkreisen (identisch mit den Regierungsbezirken). Mittelfranken ist ein Wahlkreis. 90 Abgeordnete werden über das Direktmandat, die anderen 90 über Listenmandate ermittelt.
Was ist vor der Stimmabgabe zu beachten?
Bevor Sie ins Wahllokal gehen, denken Sie daran, die Wahlbenachrichtigung einzustecken – ein Schreiben, das Ihnen per Post zugeschickt wurde. Es empfiehlt sich auch, einen Personalausweis oder Reisepass mitzunehmen.
Die Erststimme: Was ist darunter zu verstehen?
Egal, wer in der Wahlkabine steht, bei der Landtagswahl hat jeder zwei Stimmen. Mit der ersten wählt er den Stimmkreisabgeordneten. Hier ist der kleine weiße Zettel entscheidend. Dieser zeigt die Kandidaten jeder Partei im Stimmkreis. Der Stimmkreis entspricht in den meisten Fällen den bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten. Wichtig: Es darf nur ein Bewerber angekreuzt werden. Der Bewerber mit den meisten Stimmen gewinnt das Direktmandat. Seine Partei muss jedoch bayernweit mindestens fünf Prozent erreichen, ansonsten fällt das Mandat an den Stimmkreisbewerber mit der zweithöchsten Stimmenzahl.
Was wähle ich mit meiner Zweitstimme?
Auf dem großen weißen Zettel soll die Zweitstimme abgegeben werden. Die sogenannte Wahlkreisliste enthält in verschiedenen Spalten die Kandidaten jeder Partei. Es gibt keine Landesliste, sondern Listen, die sich auf den jeweiligen Regierungsbezirk beziehen. Die Reihenfolge auf der Wahlkreisliste wurde von den Parteien selbst festgelegt. Der Wähler kann seine Zweitstimme einem Kandidaten geben und damit seine Position auf der Liste verändern oder er gibt sie der gesamten Partei. Wer diese Form der Stimmabgabe nutzen will, sollte sein Kreuz in der Kopfleiste der gewünschten Wahlkreisliste machen.
Was ist die Sperrklausel?
In Deutschland gibt es eine Fünf-Prozent-Hürde: Eine Partei muss daher mindestens fünf Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten. Siegreiche Stimmkandidaten einer an der Sperrklausel gescheiterten Partei erhalten kein Mandat. Eine landesweite Fünf-Prozent-Hürde gab es erst ab 1974. Zuvor musste eine Partei in einem Wahlkreis mindestens zehn Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten.
Wie werden die Landtagssitze verteilt?
Zunächst wird in jedem Stimmkreis ermittelt, wer die meisten Erststimmen bekommen hat und damit direkt gewählt wurde. Dann werden für jeden Wahlkreis – zum Beispiel Mittelfranken – die Erst- und Zweitstimmen der jeweiligen Parteien addiert. Die Sitze werden nach einem bestimmten System verteilt. Steht fest, wie viele Sitze auf die jeweilige Partei entfallen, werden die direkt in den Stimmkreisen gewonnenen Sitze abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden an die Bewerber auf der Wahlkreisliste mit den meisten Stimmen verteilt.
Wie wird der Bezirkstag gewählt?
Bayern ist auf der kommunalen Ebene in Gemeinden, Landkreise und Bezirke gegliedert. Es gibt sieben, einer davon ist Mittelfranken – nicht zu verwechseln mit den Regierungsbezirken, der staatlichen Ebene. Die Bezirke sind kommunale Körperschaften mit dem Recht, die eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln (Näheres siehe Region/Bayern S.16). Für die Bezirkstagswahl sind die blauen Zettel gedacht. Wie bei der Landtagswahl werden die ehrenamtlichen Bezirksräte per Erst- und Zweitstimme gewählt. In den Bezirkstag sind so viele Bezirksräte zu wählen, wie der Bezirk auch Landtagsabgeordnete stellt – im Fall von Mittelfranken 24. Im Gegensatz zur Landtagswahl gibt es hier keine Fünf-Prozent-Hürde.
Die fünf Volksentscheide
Am Sonntag sollen die Wähler auch über fünf Volksentscheide abstimmen. Der bayerische Landtag hatte bereits am 20. Juni 2013 über die Verfassungsänderungen befunden – über diese muss nun das Volk entscheiden. Zuletzt wurde die bayerische Verfassung vor zehn Jahren geändert. Auch die beiden damaligen Volksentscheide fanden zusammen mit der Landtagswahl und den Bezirkswahlen statt. Um die Abstimmung für die Bürger einfach zu gestalten, befinden sich die fünf Volksentscheide auf einem großen gelben Stimmzettel. Die Wähler können jedem einzelnen Gesetz zustimmen (Ja-Stimme) oder dieses ablehnen (Nein-Stimme). Es gilt die einfache Mehrheit. Die Gesetzestexte sind auf dem Stimmzettel abgedruckt.
Volksentscheid 1:
Im ersten Volksentscheid soll die Förderung und Sicherung gleichwertiger (nicht gleichartiger) Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werden. Dabei soll klargestellt werden, dass dies für ganz Bayern gilt, und zwar für ländliche und städtische Gebiete gleichermaßen.
Volksentscheid 2:
Auch die Förderung des ehrenamtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl soll als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werden. Dieses Ziel soll sich sowohl an den Staat als auch an die Gemeinden richten. Der Artikel 121 soll künftig lauten: Alle Bewohner Bayerns sind zur Übernahme von Ehrenämtern, insbesondere als Vormund, Waisenrat, Jugendpfleger, Schöffe und Geschworener verpflichtet. „Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl.“ Das Nähere bestimmen die Gesetze.
Volksentscheid 3:
Mit der Verfassungsänderung zu den „Angelegenheiten der Europäischen Union“ soll insbesondere die Rolle des bayerischen Landtags gestärkt werden (beispielsweise die ausdrückliche Verankerung von Informationspflichten der Staatsregierung; Möglichkeit der Bindung der Staatsregierung durch Gesetz, wenn durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union Landeskompetenzen betroffen sind). Bisher ist der Landtag machtlos, wenn die EU Zuständigkeiten der Bundesländer an sich ziehen will und die Bundesregierung Ja sagt. Das soll sich ändern: Künftig soll der Landtag der Staatsregierung per Gesetz vorschreiben können, wie das Abstimmungsverhalten des Freistaats im Bundesrat auszusehen hat. Logische Folge ist, dass bei einer Abgabe von Hoheitsrechten der Länder an die EU auch das bayerische Volk die Landesregierung zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten in der Länderkammer zwingen könnte – nämlich über den Weg von Volksbegehren und Volksentscheid.
Volksentscheid 4:
Die sogenannte Schuldenbremse soll in der bayerischen Verfassung verankert werden. Damit soll ab dem Haushaltsjahr 2020 verboten werden, neue Schulden aufzunehmen (keine Nettokreditaufnahme). Von dem Verbot soll nur abgewichen werden können, um einer negativen konjunkturellen Entwicklung entgegenzuwirken. Eine Kreditaufnahme soll ansonsten nur bei Naturkatastrophen und anderen außergewöhnlichen Notsituationen zulässig sein. In diesen Fällen ist eine entsprechende Tilgungsregelung und Rückführung binnen eines angemessenen Zeitraumes vorzusehen.
Volksentscheid 5:
Der nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bestehende Anspruch auf eine „angemessene Finanzausstattung der Gemeinden“ soll ausdrücklich in der Verfassung wiedergegeben werden.
Wenn am Sonntag die Wahllokale schließen, geht die Arbeit der NZ-Online-Redaktion in die heiße Phase. Im Live-Ticker können Sie nachlesen, welche Kandidaten das Rennen gemacht haben und wo noch gezittert wird.
Eine Grafik, in der alle 90 Stimmkreise aufgelistet sind, lässt sich auf Ihren Wahlort einstellen und listet die ersten Ergebnisse auf. Außerdem zeigen wir Ihnen Bilderstrecken vom Wahlsonntag und berichten über die Stimmung am Tag danach. Darüber hinaus wird im Vipraum ab 18 Uhr live von der zentralen Wahlparty im Nürnberger Presseclub gebloggt unter www.nz.de/blogs/vipraum. Unter anderem gibt es dort die neuesten lokalen Ergebnisse und Stimmen der örtlichen Kandidaten.
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