Freifunker kämpfen für ein besseres Netz im Nürnberger Land

09.02.2015, 15:30 Uhr
Das Internet ist heute nahezu überall verfügbar. Freifunker kämpfen jetzt auch in Franken für ein besseres Netz. Die Aktivisten bieten den Zugang zum Word Wide Web unter anderem in Lauf, Rückersdorf und Reichenschwand kostenlos an.

© colourbox.de Das Internet ist heute nahezu überall verfügbar. Freifunker kämpfen jetzt auch in Franken für ein besseres Netz. Die Aktivisten bieten den Zugang zum Word Wide Web unter anderem in Lauf, Rückersdorf und Reichenschwand kostenlos an.

Martin Greser ärgert sich. Drahtlo­ses Internet, fast überall: So oder so ähnlich lautet die Werbebotschaft der Internetprovider. "Doch es ist immer ein Theater, sich in einen Telekom-Hotspot einzuwählen", sagt der selb­ständige IT-Berater aus Rückersdorf. Hotspots sind Zugänge zum weltwei­ten Netz – und die Telekom und andere Konzerne lassen sich dieses Angebot bezahlen. Wer etwa mit dem Laptop mobil surfen möchte, muss sich an­melden und die Geschäftsbedingun­gen akzeptieren. Für Nicht-Kunden kostet der Tagespass dann 4,95 Euro.

Freifunk ist gratis. Das könnenvie­le, die ihn zumersten Mal nutzen, gar nicht glauben. Sie wittern einen Ha­ken. Doch den gibt es nicht. Die Frei­funk- Aktivisten versorgen den öffent­lichen Raum mit drahtlosem Netz, sie stellen ihre Router, also jene Geräte, die für eine Internetverbindung sor­gen, auf die Fensterbretter ihrer Woh­nungen, damit andere Nutzer die Si­gnale empfangen und sich einwählen können, und installieren mitunter sogar Antennen auf ihren Dächern. Greser funkt auf der Ludwigshöhe in Rückersdorf, bei Reifen Lorenz in Lauf gibt es einen kostenlosen Zu­gang, rund um den Mangplatz bietet die Piratenpartei diesen Service an.

Warum tun die laut Greser bis zu 15 organisierten Freifunker und ih­re vielen anonymen Mitstreiter in der Region das? Weil sie davon überzeugt sind, dass das Internet demokratisch organisiert sein sollte und nicht in der Hand von Konzernen oder Staa­ten, die drosseln, zensieren und über­wachen. Sie sind eine Art Graswur­zelbewegung, für die Bürger, von den Bürgern. Leicht haben sie es nicht. Während es anderswo in Europaüber­all freie Drahtlosnetzwerke gibt, ob an der Bushaltestelle oder im Café, ist Deutschland in dieser Hinsicht Ent­wicklungsland, trotz aller Beteuerun­gen der Politik.

"Viele trauen sich nicht, die Verun­sicherung ist fürchterlich", sagt Gre­ser. Das hat mit der Rechtslage zu tun. Störerhaftung heißt – in bestem Bü­rokratendeutsch – ein Rechtsgrund­satz, der die Anbieter in die Haftung nimmt, wenn über das Netzwerk zum Beispiel urheberrechtlich geschützte Filme oder Musikdateienherunterge­laden werden. Unter Umständen muss der Besitzer eines Routers dann Ab­mahnkosten bezahlen, ohne selbst Il­legales getan zu haben.

Ein kreativer Ausweg

Mit Unterstützung des Berliner För­dervereins Freie Netzwerke e. V. ha­ben die Aktivisten einen kreativen Ausweg gefunden. Sie bieten eine ei­gene Firmware zum Download an, das ist ein Betriebssystem für Router. Diese Firmware sorgt dafür, dass der Netzwerkverkehr so umgeleitet wird, dass er nicht leicht zurückzuverfol­gen ist.

Inzwischen allerdings gibt es be­reits erste Gerichtsentscheidungen, die Freifunker von der Störerhaftung ausnehmen. Setzt sich diese Auffas­sung durch, wäre das Versteckspiel unnötig. Nicht ohne guten Grund hat die EU-Kommission schon 2003 die Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, öffentlichen Internetzugang über lo­kale Funknetze zu erlauben.)

Der IT-Berater aus Rückersdorf glaubt, dass Freifunk ideal fürs Nürn­berger Land ist. Denndie Router – die es schon ab 15 Euro zu kaufen gibt – haben mit eine Besonderheit: Sie ver­binden sich dank der Firmware mit­einander, knüpfen ein eigenes Netz. Damit lassen sich ganze Areale mit drahtlosem Internet versorgen. Im Reichenschwander Schloss ist be­reits ein solches Netz geknüpft. "Wir können das Internet dorthin bringen, wo es kein Breitband gibt, oder sich jemand einen Zugang nicht leisten kann", sagt der 53-Jährige.

Mit ein wenig finanziellen Auf­wand, er schätzt rund 3000 Euro, lie­ße sich der Laufer Marktplatz mit dem Landratsamt verbinden. Dort liegen Glasfaserkabel, die für Höchstge­schwindigkeiten beim Surfen sorgen. Warum stellen sich die Einzelhänd­ler nicht alle einen Freifunk-Router in ihr Geschäft, fragt Greser, undbieten ihren Kunden auf diese Weise kosten­losen Zugang? Eine Digitalinitiative hat der Einzelhandelsverband ja erst bei seinem Neujahrsempfang ange­kündigt. Beim Freifunk bleibt die Wert­schöpfung auf jeden Fall vor Ort.

Unter www.freifunk-franken.de gibt es weitere Informationen über die In­itiative.

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