Lukrative Familienbande im Bayerischen Landtag
30.4.2013, 12:05 UhrNachdem sich die Gehaltsaffäre zunächst auf 17 Abgeordnete der CSU-Fraktion konzentriert hatte, ist jetzt auch die Opposition betroffen. Es handelt sich um die Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD), Maria Noichl (SPD), Thomas Gehring (Grüne), Hubert Aiwanger (Fraktionsvorsitzender Freie Wähler), Erika Görlitz (CSU) und Martin Neumeyer (CSU).
Alle sechs bestätigten auf Anfrage von „Report Mainz“, dass sie Verwandte als Mitarbeiter beschäftigen. Nach dem neuen Abgeordnetengesetz, das der Bayerische Landtag seit vergangener Woche berät, dürfen künftig auch Verwandte zweiten und dritten Grades grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden. Danach wären die Arbeitsverhältnisse der genannten Abgeordneten nicht mehr zulässig und müssten beendet werden.
Seit dem Jahr 2000 sind Beschäftigungsverhältnisse mit Verwandten ersten Grades zwar verboten, aber damals schon bestehende Verträge waren als Übergangsregelung weiterhin erlaubt. Staatsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim, der mit seinem Buch „Die Selbstbediener“ die Affäre ins Rollen gebracht hatte, kritisierte im Interview mit „Report Mainz“ die neuen Fälle: „Vetternwirtschaft ist Vetternwirtschaft, ob das nun Kinder, Ehegatten oder Geschwister sind. Mit Recht hat hier der Volksmund ein gutes Gefühl dafür, dass so was auf Staatskosten nicht sein sollte“, betonte von Arnim.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld aus Coburg bestätigte, dass sie seit 1998 ihre Schwester als Bürokraft im Stimmkreis beschäftige. Den Verdienst wollte sie jedoch nicht veröffentlichen: „Sie ist verwandt mit mir, aber ich lass mich nicht in den Sumpf mit reinziehen, den 17 CSU-Abgeordnete und ausschließlich CSU-Abgeordnete angerichtet haben. Damit lass ich mich nicht vergleichen, ich habe mir nichts vorzuwerfen, hab‘ auch alles beim Landtagsamt entsprechend nachgewiesen und kann es auch jederzeit jedem nachweisen“, sagte Biedefeld im Interview mit „Report Mainz“.
Der Grünen-Abgeordnete Thomas Gehring bestätigte, dass er seinen Bruder auf Werkvertragsbasis beschäftige. Er erstelle für ihn die Homepage. Im Interview mit „Report Mainz“ sagte Gehring: „Ich hab kein schlechtes Gewissen, dass ich mit meinem eigenen Bruder einen Vertrag mache. Der macht das gewerbemäßig, und wenn mein Bruder eine Bäckerei hat, dann würde ich bei meinem Bruder Semmeln kaufen und nicht beim Nachbarn.“ Die genaue Höhe des Honorars für seinen Bruder auf Steuerkosten wollte er nicht offenlegen.
Der CSU-Abgeordnete Martin Neumeyer aus Abenberg erklärte gegenüber „Report Mainz“ zunächst, er beschäftige einen Vetter. Später korrigierte er seine Angaben und teilte mit, es handle sich um einen „Großneffen“, der für ihn auf 400-Euro-Basis arbeite.
Mehrere CSU-Abgeordnete haben sich bereits aus dem Landtag verabschiedet, nachdem bekannt wurde, dass sie Verwandte unter Vertrag hatten. Zuletzt war das bei Georg Winter der Fall, der sogar seine 13- und 14-jährigen Söhne angestellt hatte.
Die komplette Sendung von "Report Mainz" ist am heutigen Dienstagabend um 21.45 Uhr in der ARD zu sehen.
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