Millionen-Projekt: "Fahrradland Bayern" wird weiter ausgebaut

5.6.2018, 05:58 Uhr
Bei dieser Sternfahrt haben die Radler ausnahmsweise mal Vorfahrt, sonst sind sie aber im Stadtverkehr oft das fünfte Rad am Wagen. Das "Radverkehrsprogramm Bayern 2025" soll hier unter anderem mit dem Bau von Radschnellwegen gegensteuern.

© Jörg Carstensen/dpa Bei dieser Sternfahrt haben die Radler ausnahmsweise mal Vorfahrt, sonst sind sie aber im Stadtverkehr oft das fünfte Rad am Wagen. Das "Radverkehrsprogramm Bayern 2025" soll hier unter anderem mit dem Bau von Radschnellwegen gegensteuern.

Es war ein langer Wunschzettel, den Matthias Dießl (CSU), Landrat des Landkreises Fürth und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK), im Februar dieses Jahres Innenminister Joachim Herrmann (CSU) überreichte. Der 15 Punkte umfassende Katalog ruft zu konkreten Nachbesserungen an dem Anfang 2017 beschlossenen Radverkehrsprogramm auf. Unter anderem müsse dringend das dafür abgestellte Personal aufgestockt werden, um die einzelnen Projekte wie ein durchgängiges Radverkehrsnetz in ganz Bayern zügig angehen zu können.

Zu wenig Personal

"Das zuständige Sachgebiet des Ministeriums besteht zurzeit aus vier Personen, und die sind zusätzlich noch für das Arbeitsgebiet Luftreinhaltung verantwortlich", erklärt Sarah Guttenberger, Geschäftsführerin der AGFK. Mittlerweile sind auch nicht mehr Joachim Herrmann und sein Ressort für dieses Programm zuständig, in das bis 2025 rund 400 Millionen Euro investiert werden sollen.

Der Ball liegt nun bei Herrmanns Parteifreundin Ilse Aigner, Chefin des im Zuge der Regierungsbildung von Ministerpräsident Markus Söder neu gegründeten Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr. Und dort kann man, abgesehen von einigen Broschüren, bislang kaum mit konkreten Maßnahmen aufwarten.

Entsprechend wolkig liest sich die Stellungnahme des Ministeriums auf die Frage nach Einzelzielen wie dem Bau von Radschnellwegen. Man habe verschiedene Handlungsfelder ausgemacht, in denen der Freistaat selbst handeln oder die Rahmenbedingungen für die Kommunen verbessern könne, schreibt die Pressestelle und verweist auf mehrere Informationsschriften, etwa zur verstärkten Förderung von Abstellanlagen für Fahrräder oder zur Vernetzung des Radverkehrs mit anderen Verkehrsmitteln.

Radgesetz gefordert

Armin Falkenhein, bayerischer Landesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), befürchtet deshalb, dass das "Radverkehrsprogramm Bayern 2025" ein leeres Versprechen bleibt, wenn nicht bald ein verbindlicher Maßnahmenplan folgt. Neben deutlich mehr Geld und Personal brauche es vor allem einen rechtlichen Rahmen. "Ohne konkrete Vorgaben der Staatsregierung bleibt es weiterhin jedem Landkreis, jeder Stadt und jeder Gemeinde in Bayern selbst überlassen, ob und wie sie den Radverkehr stärkt", argumentiert Falkenhein.

Mehr Verbindlichkeit bei der Umsetzung wünscht sich auch die AGFK, in der mittlerweile 61 bayerische Städte und Gemeinden mit über fünf Millionen Einwohnern zusammengeschlossen sind. Vorsitzender Matthias Dießl und seine Mitstreiter wollen zum Beispiel einheitliche Standards für die Realisierung von Radschnellwegen und eine stärkere Förderung der kommunalen Radverkehrsinfrastruktur abseits von Bundes- und Staatsstraßen.

"Der schönste Radschnellweg nützt nichts, wenn er an der Stadtgrenze im Nichts endet und sich die Radfahrer plötzlich wieder in den Autoverkehr mit all seinen Gefahren einreihen müssen", erklärt Laura Ganswindt, Sprecherin des ADFC Bayern. Die konsequente bauliche Trennung von Straßen, Rad- und auch Fußgängerwegen in dicht besiedelten Gebieten sei dringend geboten, wenn mehr Menschen für kurze und mittlere Strecken aufs Rad umsteigen sollen.

Zahl der Unfälle steigt

Aktuell leben Bayerns Radfahrer nämlich verhältnismäßig gefährlich. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei 16.049 Unfälle von Radlern im Freistaat und damit fast genauso viele wie im Jahr 2016 (16.057). 70 Todesopfer waren 2017 zu beklagen. Rein rechnerisch krachte es alle 32 Minuten.

Seit 2013, als 13.575 Unfälle registriert worden waren, steigt die Zahl kontinuierlich an. Unter anderem haben sich die Unfälle, in die Fahrer von E-Bikes verwickelt waren, in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdreifacht.

"Die Staatsregierung hat zwar das 'Radland Bayern' ausgerufen, doch bis jetzt ist der Freistaat ein Autoland", bilanziert Armin Falkenhein. Für eine sichere und entspannte Mobilität für alle Verkehrsteilnehmer müsse das Budget für die Förderung des Radverkehrs mindestens verdoppelt werden.

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