Moratorium geplant: Bayern bremst Stromautobahn aus

4.2.2014, 15:05 Uhr
Die Bayerische Staatsregierung fordert ein Stromtrassenmoratorium. Das vorzeitige Ende der Planungen?

© dpa Die Bayerische Staatsregierung fordert ein Stromtrassenmoratorium. Das vorzeitige Ende der Planungen?

Angesichts des Widerstands gegen neue Hochspannungsleitungen fordert die Staatsregierung ein Moratorium für den Bau großer Stromtrassen in Bayern. Darüber hinaus müsse es beim Bund eine Revision der bisherigen Leitungspläne geben, sagte Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München. Die Staatsregierung setzte außerdem diesen Tag als Stichtag fest, von dem an für neu geplante Windräder in Bayern der größere Mindestabstand - das Zehnfache der Bauhöhe bis zum nächsten Wohnhaus - gilt.

Mit der geplanten Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ändere sich die Geschäftsgrundlage, sagte Haderthauer. "Erst wenn wir hier ein Szenario haben, können wir sagen, was wir an Trassen brauchen, ob die Trassen notwendig sind und wie sie liegen." Die Betreiber hätten ihre Pläne "jetzt zu unterbrechen". Damit folgt das Kabinett der neuen Linie, die Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vergangene Woche ausgab.

Von dem Moratorium für neue Stromtrassen betroffen ist zunächst der Netzbetreiber Amprion, der die von vielen Protesten begleitete Gleichstromleitung von Oberfranken nach Schwaben ("Korridor D") bauen will. Das Unternehmen macht aber keine Anstalten, sich von Seehofers neuem Kurs beeindrucken zu lassen. "Unsere bisherigen Planungen finden auf der Grundlage des von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Bundesbedarfsplangesetzes statt", betonte der Technische Geschäftsführer Klaus Kleinekorte. "Angesichts der großen Bedeutung der Gleichstrompassage Süd-Ost für die sichere Versorgung Bayerns hat die zügige Umsetzung der Leitung höchste Priorität, da die Abschaltung der Kernkraftwerke fest terminiert ist."

In dem 2013 mit Zustimmung der CSU verabschiedeten Bundesbedarfsplangesetz ist die Trasse als vordringlich und notwendig eingestuft. Von dem Gesetz will sich die Staatsregierung ihrerseits nicht abschrecken lassen. Haderthauer: "Wir sind Politiker, und wir gehen davon aus, dass wir politische Möglichkeiten haben."

"Wir stehen zur Energiewende"

Genehmigungsbehörde für die Trasse ist nicht ein bayerisches Amt, sondern die Bundesnetzagentur. Dies geht unter anderem darauf zurück, dass die frühere schwarz-gelbe Bundesregierung den Netzausbau aus Sorge um die Versorgungssicherheit beschleunigen wollte. Seehofer selbst hatte 2012 mehrfach gewarnt, dass die Energiewende viel zu langsame Fortschritte mache.

Nun gilt in der Staatsregierung das gegenteilige Prinzip - der Leitungsbau soll langsamer gehen. "Wir stehen zur Energiewende, aber wir brauchen die richtige Reihenfolge", sagte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Erster Schritt sei die Reform des EEG-Gesetzes, der zweite der Netzausbau.

Der "Korridor D" ist nur eine von insgesamt sieben geplanten großen Leitungen in Bayern, von denen mehrere auf bereits bestehenden Trassen gebaut werden sollen. Es kommen hinzu: drei neue Hochspannungsleitungen ins unterfränkische Grafenrheinfeld und eine weitere vom oberfränkischen Redwitz nach Schwandorf in der Oberpfalz.

Diese fünf Projekte sind sämtlich im Bundesbedarfsplangesetz, dem die CSU in Berlin zugestimmt hatte, als notwendig und vordringlich eingestuft. Die sechste Leitung soll von der österreichischen Grenze in die Gemeinde Ottenhofen vor den Toren Münchens führen. Das siebte Projekt ist die sogenannte "Thüringer Strombrücke", die eigentlich bereits Ende 2015 fertig sein soll. Die pünktliche Fertigstellung ist aber fraglich. Nach bisherigem Stand drohen ohne fertige Thüringer Strombrücke Ende 2015 Stromausfälle in Bayern, da dann das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet werden soll.

Auch wie viele Windräder jetzt in Bayern noch gebaut werden können, ist unklar: "Das wird man erst beantworten können, wenn das neue EEG steht", sagte die Staatskanzleichefin. Derzeit sind noch mehrere hundert Bauanträge für neue Windräder nicht genehmigt - für diese Projekte gilt die alte Abstandsregelung.

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