Natur in der Region ist jetzt schon in Frühlingsstimmung
25.2.2014, 06:00 UhrStechmücken könnten in diesem Jahr besonders lästig werden. „Ein milder Winter kommt ihnen sehr entgegen“, sagt der Frankfurter Klimaforscher Sven Klimpel. Die Schnaken profitieren von der Klimaveränderung und den weniger ausgeprägten Jahreszeiten. Sobald es einige Tage richtig warm wird, beginnt die Entwicklung der überwinterten Eier. Ideale Bedingungen dafür sind Temperaturen von deutlich mehr als zehn Grad.
Tanzen bald die Mäuse auf den Äckern? Wegen des ausbleibenden Winters könnten sich die Feldmäuse in diesem Jahr außergewöhnlich stark vermehren, befürchtet Rudolf Fähnlein vom Bauernverband.
„Normalerweise regelt die Natur das von selbst“, sagt Fähnlein. Soll heißen: Klirrende Kälte und eine mächtige Schneedecke sind die natürlichen Feinde der Feldmaus und dezimieren die Population. In diesem Jahr regelt die Natur allerdings nichts von selbst, weshalb die Nager noch von sich reden machen könnten.
Die Freude einiger Mäuse auf den Äckern könnte jedoch von kurzer Dauer sein. Von den milden Temperaturen profitieren nämlich auch die Greifvögel. Die schneefreie Landschaft bietet ihnen beste Möglichkeiten zum Jagen, so müssen sie nicht in schnee- und eisfreie Regionen ausweichen. Die Landwirte sorgen sich, weil die „Frostgare“ ausbleibt. Gemeint ist damit, dass Hohlräume im Boden durch eindringendes, gefrierendes Wasser gesprengt werden und das Erdreich dadurch feiner und krümeliger wird. Entfällt dieser Prozess, sind die Felder im Frühjahr schwieriger zu bearbeiten.
Darüber hinaus fürchten die Bauern, negative Folgen fürs Wintergetreide: „Wenn es zu schnell schießt, besteht die Gefahr von Pilzkrankheiten“, erläutert Fähnlein. Doch wegen der warmen Witterung kann es nicht früher geerntet werden. Ein weiterer Nachteil: Der milde Winter könnte sich auf Pflanzenkrankheiten und Schädlinge auswirken. „Die ersten Blattläuse werden dieses Jahr sicher früher fliegen als sonst“, befürchtet Johann Graf vom Bauernverband.
Grund zum frohlocken haben hingegen die Gemüsebauern im Knoblauchsland und die Schweinezüchter mit Ferkelhaltung: Ihre Gewächshäuser und Ställe benötigten deutlich weniger Heizenergie als in anderen Jahren.
Auch für Vögel wie Rotkehlchen und Amseln hat der Frühling schon begonnen. Wetter, Tageslicht, Nahrungsangebot: Alles ist schon wie im Frühling. Deswegen singen die Tiere bereits, um ihr Revier abzustecken und Weibchen anzulocken. Das hat zur Folge, dass die Tiere früher brüten. Durch die verregneten Brutmonate im Mai und Juni 2013, die wahrscheinlich für einen Rückgang im Gesamtbestand der heimischen Vögel verantwortlich waren, haben viele Vogelarten dieses Jahr Brutausfälle auszugleichen. „Der milde Winter ist ein Glücksfall für die Vögel. Wenn sie jetzt schon brüten, steigt die Chance, dass sie zwei, vielleicht sogar drei Bruten großziehen können“, sagt Markus Erlwein vom Landesbund für Vogelschutz (LBV).
Hackfleisch für Igel
Auch den Igeln bekommt das milde Wetter: Wer es gut mit den stacheligen Gesellen meint, darf schon vorsichtshalber Schüsseln mit ungesalzenem Hackfleisch und Wasser vor die Haustüre stellen. Zwar weiß der LBV nicht sicher, ob die ersten Stachelträger schon aus dem Winterschlaf erwacht sind, es ist aber sehr wahrscheinlich. „Die Igel sollten normalerweise schon Nahrung finden, aber es könnte sein, dass einige noch Hilfe brauchen“, sagt Erlwein. Dabei sollte man aber darauf verzichten, die Tiere mit Milch zu verwöhnen — davon bekommen sie Durchfall.
Auch die Kröten sind auf die Hilfe des Menschen angewiesen. Die Amphibien gehen auf Wanderschaft, wenn die Temperatur konstant über fünf Grad liegt, was momentan schon der Fall ist. Nur: Die Fangzäune wurden noch nicht angebracht, weswegen die ehrenamtlichen Helfer der Naturschutzverbände früher als üblich ausrücken, um diese zu installieren. Falls es doch noch frostig wird, sind die Kröten in Gefahr. Schaffen sie es nicht rechtzeitig, sich wieder in den Boden einzubuddeln, erfrieren sie.
Auch den Menschen schadet der milde Winter keineswegs. Im Gegenteil: Strahlender Sonnenschein, ein blauer Himmel und milde Temperaturen helfen laut Psychiaterin Christiane Stößel von der psychiatrischen Abteilung der Uniklinik Erlangen, Verstimmungen zu überwinden.
Wie im Hochsommer ist es zwar noch nicht, aber der Winter, der eigentlich keiner ist, scheint seine Wirkung zu zeigen: „Einige Patienten haben mir erzählt, dass sie sich durch die milden Temperaturen weniger depressiv fühlen“, sagt Christiane Stößel. Die sogenannten „Frühlingsgefühle“ setzen früher ein. Dabei handelt es sich nicht um ein „wildes Chaos der Sexualhormone“ wie oft behauptet wird. Fakt ist aber, dass der Körper weniger Melatonin, ein Schlafhormon, produziert und sich der Mensch deswegen munterer fühlt. Dafür werden mehr Glückshormone ausgeschüttet. „Im Frühjahr sind die Hormone auf Fortpflanzung gepolt“, meint die Nürnberger Psychologin Ute Hagen vielsagend.
Für die Betreiber von Fitness-Studios sind die frühlingshaften Temperaturen dagegen eher ein Ärgernis. Zu dieser Zeit freuen sich die Muckibudenbesitzer über viele neue Kunden. Klar, der Winterspeck soll ja runter.
Weil es im Freien schon relativ mild ist, scheint sich die Kundschaft lieber in Parks zu tummeln. „Viele Neuanmeldungen gibt es bei uns definitiv nicht, die Leute trainieren wohl lieber an der frischen Luft“, sagt Björn Stephan, Mitarbeiter eines Fitness-Studios in Fürth. Gut besucht sei der Laden trotzdem. Stammkunden kämen noch häufiger als sonst. Ihr Hauptgesprächsthema: das milde Wetter.
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