Landkreis Neumarkt Modellregion für Informationsfreiheit?
8.8.2017, 06:55 UhrDie Regelung des Zugangs der Bürger zu Informationen aus ihrer Gemeindeverwaltung geht auf eine Initiative der Ortsgruppe Neumarkt des Bayerischen Journalisten-Verbandes (BJV) zurück. Die Medienschaffenden haben unter anderem in einem Offenen Brief den 19 Bürgermeistern vorgeschlagen, eigene Informationsfreiheitssatzungen zu erlassen — und den Rathauschefs eine BJV-Mustersatzung übermittelt (www.informationsfreiheit-neumarkt.de).
Die im Landkreis-Gemeindetag zusammengeschlossenen Bürgermeister haben dann Anfang Mai bei einer nichtöffentlichen Tagung in Hohenfels beschlossen, selbst eine Mustersatzung auszuarbeiten und den Kommunen an die Hand zu geben. Die Gemeinde Berg war zu dem Zeitpunkt bereits Vorreiter und hat am 1. Mai die erste Informationsfreiheitssatzung im Landkreis in Kraft gesetzt.
"Unverändert oder modifiziert"
Eine Bürgermeister-Arbeitsgruppe, bestehend aus Bernhard Kraus (Velburg), Alois Scherer (Deining), Ludwig Eisenreich (Berching) und Horst Kratzer (Postbauer-Heng), hat die Mustersatzung des Gemeindetages mit der Kommunalaufsicht des Landratsamtes bis ins kleinste Detail abgestimmt. Am gestrigen Montag nun hat der Gemeindetags-Kreisvorsitzende Kraus die Empfehlung für das Regelwerk an alle Rathäuser verschickt. Es bleibe dem jeweiligen Gemeindegremium überlassen, "die Vorlage unverändert oder modifiziert (oder gar nicht) zu beschließen", schreibt Kraus an seine Amtskollegen.
Folgen die Kommunalparlamente dem Vorschlag, dann hat "jeder Gemeindeangehörige" der jeweiligen Gemeinde "Anspruch auf freien Zugang" zu den bei der jeweiligen Verwaltung "vorhandenen amtlichen Informationen", und zwar zu jeder "amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung". Ein Antrag auf Zugang zu Informationen soll an den Bürgermeister oder Oberbürgermeister gerichtet werden. Eine Begründung oder die Darlegung eines rechtlichen Interesses ist nicht notwendig.
Laut Mustersatzung für die Informationsfreiheit kann der Rathauschef, der Geschäftsleiter oder eine beauftragte Person Auskunft erteilen oder sogar "Akteneinsicht gewähren". Die Kommune stellt während der Öffnungszeiten "ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung". Auf Antrag können die Bürger auch Kopien bekommen. Allerdings sollen sich die Kommunen laut Mustersatzung die Gebühren und Auslagen im Zusammenhang mit dem Auskunftsbegehren ersetzen lassen.
Die Gemeinden sollen für die Beantwortung der Bürgeranfragen einen Monat, in komplizierten Fällen zwei Monate Zeit haben. Zentral sind die Regelungen, denen zufolge die Kommune Auskünfte beschränken oder versagen kann. Ein Anspruch soll nicht bestehen, wenn Rücksichten "auf das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner" genommen werden müssen. Tabu sollen auch "Geheimnisse" oder "personenbezogene Daten Dritter" sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sein. Die Bürgermeister haben hier die jüngste Rechtssprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs eingearbeitet.
Einblick soll es nicht in interne Materialien geben, um den "behördlichen Entscheidungsbildungsprozess" zu schützen. Auch "gerichtliche oder behördliche Verfahrensabläufe" zum Beispiel im Disziplinar- oder Strafrecht sollen nicht gefährdet werden.
Wie geht es weiter? Der Neumarkter OB und die Bürgermeister in Mühlhausen und Lauterhofen haben bereits angekündigt, dass sie Informationsfreiheitssatzungen anstreben. Weitere Kommunen werden angesichts der Mustersatzung folgen. Aus Neumarkter Stadtratskreisen ist zu hören, dass vermutlich eine große Mehrheit quer durch alle Parteien dafür ist.
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