Missbrauch: Justiz befürchtet Flucht des Pfarrers
27.8.2013, 11:00 UhrUntersuchungshaft wird nicht leichtfertig angeordnet. Sie greift, wenn dringender Tatverdacht besteht und entweder Flucht- oder Verdunkelungsgefahr besteht. In diesem Fall geht die Justiz von der Möglichkeit aus, dass sich der 48-Jährige der Verantwortung durch Flucht entziehen könnte.
Das mag eventuell damit zu tun haben, dass der Bruder des Inhaftierten seit vielen Jahren im argentinischen Hochland als Padre in der Mission tätig ist. Erst im Frühjahr dieses Jahres hatte ihn der Geistliche besucht. Auch während seiner Zeit in Reichertshofen sammelte der Priester Geld für die Projekte seines Bruders, der unter anderem den Mapuche-Indianern hilft, zu ihrem Recht zu kommen.
Die Pfarrgemeinderäte in Reichertshofen-Sengenthal traf die Nachricht am Sonntag von Generalvikar Isidor Vollnhals, nicht unvorbereitet. Bereits bei einer Sitzung Ende letzter Woche wurden sie, so Informationen der Neumarkter Nachrichten, mit den Vorwürfen, die ja mitten aus der Gemeinde kommen müssen, konfrontiert. Doch sie bewahrten, wie offenbar vereinbart, Stillschweigen.
Die Gläubigen, denen, wie berichtet, am Sonntag in der Frühmesse in Reichertshofen und in der Spätmesse in Sengenthal der Vorwurf gegen ihren früheren Gemeindepfarrer eröffnet wurde, waren schockiert. Auch Sengenthals Bürgermeister Werner Brandenburger war, sagt er den NN, von der Nachricht völlig überrascht. Seine Kinder gingen bei dem Priester noch in den Erstkommunion-Unterricht. Wie sein Vorgänger Josef Meier sei ihm nichts zu Ohren gekommen, was den Verdacht auf Missbrauch Minderjähriger nähren hätte können.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erstrecken sich laut Bischofsvikar Georg Härteis nicht nur auf die Oberpfalz, sondern auch auf Heideck, Laibstadt und Liebenstadt. Härteis ist Priester-Personalchef im Bistum.
Das Ermittlungsverfahren sei ergebnisoffen, betonte Vollnhals, es gelte die Unschuldsvermutung. Das Bistum Eichstätt hat für die Gläubigen eine Hotline unter (0 84 21) 50500 eingerichtet. Von Bistumssprecher Martin Swientek war gestern keine weitere Stellungnahme zu erhalten. Er verwies an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Die hat sich das Auskunftsrecht über Erkenntnisse der Kriminalpolizei Regensburg vorbehalten. Sprecherin Antje Gabriels-Gorsolke vertröstet. Sie bestätigte lediglich, dass „Mitte vergangener Woche“ die zwei Pfarrämter in Heideck und Reichertshofen durchsucht worden seien. Der Beschuldigte schweige zu den Vorwürfen.
Am 10. August 2004 war der Geistliche nach neun Jahren Tätigkeit in der Pfarrei Reichertshofen/Sengenthal versetzt worden, um ab 1. September des gleichen Jahres die Stadtpfarrei Heideck zu betreuen.
In seiner Abschiedspredigt betonte der Pfarrer damals, dass er stets versucht habe, seine Aufgabe ernst zu nehmen und gerade den jungen Menschen, den Ministranten sowie den Erstkommunion- und Firmkindern die Wichtigkeit des Glaubens zu vermitteln.
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