Peter Ippolito in Neumarkt: "Gute Architektur ist zeitlos"
12.11.2017, 09:41 UhrBeim Werkbericht des "Identity Architects" aus Stuttgart war der Saal des Maybach-Museums bis auf den letzten Platz besetzt. Peter Ippolito wurde in Nürnberg geboren und studierte in Stuttgart und Chicago Architektur. Berufserfahrung sammelte er als Assistent von Prof. Ben Nicholson in Chicago und im Studio Daniel Liebeskind in Berlin, bevor er mit Gunter Fleitz 2002 in Stuttgart die Ippolito Fleitz Group gründete.
Die beiden wurden 2015 als erste Gestalter in die Interior Design Hall of Fame aufgenommen. Mittlerweile realisiert das Büro im Durchschnitt 140 Projekte im Jahr. "Neugierde auf das Neue" ist der Antrieb Ippolitos, der von Anfang an kein klassisches Architekturbüro betreiben wollte. So stürzt er sich in unterschiedlichste Projekte, egal ob es Low-Budget-Projekte sind oder das Büro Carte Blanche erhält.
Deutlich wurde das Selbstverständnis der Ippolito Fleitz Group, als "Identity Architects" Image und Markenidentität ihrer Auftraggeber in Architektur zu gießen. Kommunikation nach innen und außen ist für Peter Ippolito eine neue Kernaufgabe des Architekten. Die Konzentration auf auch das kleinste Detail ist dabei entscheidend, wie er an einer Hochhaus-Lobby in Frankfurt zeigte: Der Raum steht einerseits im Gegensatz zum geometrischen Äußeren des Gebäudes und vereint andererseits in kristallinen Elementen abstrakte Kühle, warme Lichtführung und hervorragende Akustik. Erreicht wurde dies durch modernste Technik, die völlig hinter den Gestaltungselementen zurücktritt: "Wir zeigen Technik nur mit Absicht", so Ippolito, der die Decke, jene "verlorene Fläche der Moderne", durch das Befreien von sichtbarer Gebäudetechnik wieder als Möglichkeit zu Identitätsstiftung und Orientierung zurückerobert.
Arbeitsplatzkonzepte und Arbeitswelten sind ein wichtiger Bereich für Ippolito. Hier sieht er seine Aufgabe über die Architektur hinaus beim Change Management im Rahmen einer übergreifenden Unternehmens- und Kommunikationskultur. So bedeutete die neue Zentrale der Ingenieure Schlaich Bergermann Partner in Stuttgart einen kompletten Wandel des Arbeitsumfelds für die Mitarbeiter – und die galt es zu begeistern und mitzuziehen.
"Gute Architektur ist immer zeitlos" – daran hielt Ippolito auch angesichts des "orgiastischen Drogenstücks der Architektur" fest, das Werner Pantons Kantine im Spiegel-Verlag darstellt. Zugleich eine Herausforderung, sollte Ippolito doch ein ebenso identitätsstiftendes Gegenstück im neuen Verlagsgebäude schaffen, und das bei aktuellen Anforderungen an Funktionalität, Wartbarkeit und Sicherheit, und ohne die Funktion als Kommunikationszentrum zu beschneiden.
Licht und Reflektion
Seine Lösung: Die Definition des Raums über Licht und Reflektion. Geneigte, verspiegelte Deckenplatten greifen die benachbarte Wasserfläche auf, sorgen für perfekte Akustik und blendfreie Beleuchtung.
Für finanzkräftige Chinesinnen wurde eine Juwelierkette als "Schmuckladen für Prinzessinnen" angelegt, in dem alle Märchenklischees auf Anschlag gedreht einen "zauberhaft-romantischen Raum" schaffen.
Den Umgang mit Bestand demonstrierte der Umbau des 350 Jahre alten Rathauses in Schorndorf: "Wir haben Respekt, aber wir sind nicht eingeschüchtert", so Ippolito über den Ansatz, neue Kontexte über die historische Substanz zu legen. Der neue Sitzungssaal liegt im Erdgeschoss, ist vom Marktplatz aus einsehbar und macht so demokratische Prozesse sichtbar. "Wir machen am liebsten Projekte, die wir noch nie gemacht haben, in einem Land, in dem wir noch nie waren." Nicht nur angesichts dieses Mottos war ein Projekt in Usbekistan ein Highlight: 2009 wurde das Büro angefragt, ob es sich um ein Gebäude bewerben wollte, "sieht aus wie eine Oper". Die "Oper" stellte sich als der neue Palast für Staatsempfänge und Staatsakte in der Hauptstadt Taschkent heraus, mit 40000 Quadratmetern Fläche und einem Festsaal mit einer 50 Meter durchmessenden, 50 Meter hohen Kuppel, gesponsort von einem usbekischen Unternehmer.
Der kleine Haken: Der Vertrag wurde am 8. März geschlossen, Fertigstellungstermin war der 31. August des gleichen Jahres, damit man am 1. September dort den 20. Unabhängigkeitstag des Landes und die 2200-Jahr-Feier der Stadt begehen konnte.
Der gesetzte Termin wurde tatsächlich gehalten – dank 1600 aus Deutschland eingeflogenen Handwerkern, 5000 Arbeitern auf der Baustelle, permanenter Improvisation und der "Was es kostet, spielt keine Rolle"-Attitüde des Bauherren, der Material aus aller Welt mit bis zu 18 Jumbo-Jets anliefern ließ.
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