Vocalipur rührt Neumarkter zu Tränen
30.5.2017, 12:36 UhrVocalipur, der außergewöhnliche Chor aus Freystadt, zeigte, was a cappella alles möglich ist. Kein Mensch vermisste begleitende Instrumente, die Musik kam aus den Körpern der Sängerinnen und Sänger. "September" von Earth, Wind and Fire markierte den Anfang einer beeindruckenden Premiere. Adrenalin musste abgebaut werden. Der Chor schaffte dies mit seinem ersten stimmlichen Einsatz.
Sein Chef, sein Leiter, sein Dirigent Wolfgang Kellendorfer ("Ich bin froh, dass ich bei Euch sein darf") hingegen fegte wie ein wild gewordener Derwisch von einem Bühnenende ans andere. Es wirkte nicht aufgesetzt. "Der ist so", war aus der zweiten Reihe zu hören.
"Fünfsinnig" heißt das neue, abendfüllende Konzertprogramm des Freystädter Rock- und Popchores Vocalipur. Fünfsinnig? "Wir fanden den Namen passend und cool für unser neues Programm – und irgendeinen Namen brauchten wir ja", lautet die Erklärung.
So locker und kess wie die Begrüßung und Anmoderation durch Wolfgang Kellendorfer verlief der gesamte Premierenabend. Auf "Fix You" von Cold Play folgte ein Soul-Rapp Arrangement von Händels "Hallelujah", das Hammerstück der ersten Stunde. "In unseren Männergesangverein, da lassen wir keine Frauen rein, wir treffen auch nicht jeden Ton, was macht das schon?" Solch humorvoll selbstge-textete Lieder erfreuten Chor und Publikum gleichermaßen.
Das reichte Kellendorfer noch nicht, er ließ das Publikum Kanon singen ("Alle singen zur gleichen Zeit was anderes."). Den Reitstadel teilte er in vier Gruppen ein, ließ die Leute aufstehen und um die eigene Achse drehen – alles kein Problem.
Bei sanfter Chormusik im gut klimatisierten Reitstadel etwas vor sich hindösen — keine Chance. Gewitterimitationen folgten auf den Bechertanz im Sitzen, rockig wurde es wieder mit Metallica.
Im Halbkreis stand plötzlich eine reduzierte Formation bereit. Höchste Konzentration, Gänsehaut und Vocalipur gab die Rockformation des letzten Jahrhunderts, Queen, a cappella. Sechs Minuten lang "Bohemian Rhapsody", bis zum alle Anspannung lösenden Szenenapplaus – stehend, johlend und pfeifend – ein Meisterstück! Den Sängerinnen und Sängern war der immense Druck anzusehen. Das war nicht einfach ein Song, das war ein Kunstwerk. Einige wischten dann auch diskret ein Tränchen weg.
Wer jetzt glaubte, das war’s, der täuschte sich. Als "Halbgott in Weiß" gab Kellendorfer mit seinem noch einmal zur Hochform auflaufenden Chor ein "Ärzte-Medley" und als Zugabe "Viva la vida" von Cold Play.
462 begeisterte Zuschauer (der Landrat war schon weg) dankten dem Freystädter Chor stehend für diesen tollen Abend.
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