Chronik: 125 Jahre "Erber" Fastnachtsumzüge
08.01.2017, 14:57 Uhr
Diese wurde im Saal des "Bürgerhauses" mit den ersten Erba-Aha-Rufen des jungen Jahres und dem "närrischen Dank" für "viel Idealismus" gefeiert, mit dem der "Markt Erlbacher Hauschronist" Heber die fünfte Publikation über "ein historisches Thema Markt Erlbachs" verfasst hatte. Ein schwieriges Unterfangen bei nur sehr wenigen gesicherten örtlichen Quellen, was "sehr intensive und zeitraubende Recherchen" bedingt habe, die der langjährige Präsident Franz Kirchhöfer würdigte.
Er war es gewesen, der durch "nimmermüdes Nadelsetzen" Hebers Forscherleidenschaft angestachelt hatte, wie dieser bei der Buchvorstellung "aus dem Nähkästchen" plauderte und sich dabei der Heimat aus Jugendzeiten stets eng verbunden zeigte. Mit der ihm eigenen Akribie war Dietrich Heber ans Werk gegangen und dabei tief ins fastnachtliche Brauchtum eingetaucht. Erste gesicherte Hinweise sollten sich in "Salbuch von Markt Erlbach" aus dem Jahr 1432 mit dem Eintrag finden, das die 73 Haus- und Grundbesitzer unter anderen je ein Fastenhuhn abzugeben hatten.
Vor Fastenzeit richtig austoben
Ein festliches Mahl dürfte es denn auch vor 585 Jahren mit der kräftigen Hühnersuppe wohl vor der Fastenzeit gewesen sein, schilderte Heber das ausgelassene Treiben jener Zeit, in der man sich vor entbehrungsreich-enthaltsamen Wochen "so richtig austobte". Inwieweit sogar germanisches Brauchtum zur Wintersonnenwende mit dem Austreiben der Dämonen durch vermummte Gestalten in die Fosernacht hineinspielt, bleibt der Fantasie überlassen und für Dietrich Heber die Frage offen, ob das Bärentreiben zur Markt Erlbacher Kirchweih seine Wurzeln nicht in einem alten Fastnachtsbrauch hat.

Der Heimatforscher nahm auch an, dass sich die Fastnachtsspiele des Schuster-Poeten Hans Sachs auf das närrische Treiben in Markt Erlbach ausgewirkt haben dürften – Hinweise finden sich in einer Neustädter Schulordnung - und leitete das Brauchtum andernorts – wie etwa aus dem unterfränkischen Rieneck ab, wo für die tollen Tage "alle Scham und Sitte abgeschafft" waren, "jeder toben und tanzen kann, bis er umfällt". Gesichert hingegen ist durch die beim Bezirksamt eingeholte Genehmigung der erste Faschingsumzug 1892, mit dessen 125-jähriger Geschichte Markt Erlbach also "einzigartig im Landkreis" ist, so Heber mit dem Hinweis auf die "88 Jahre, die Markt Bibart mit Hängen und Würgen" aufbringe oder den ersten Umzug in Emskirchen Anfang der 70-er Jahre.
Stellvertretender Landrat Bern Schnizlein war bei der Gratulation zur Chronik und dem Jubiläum als Neustädter etwas neidisch auf diese Tradition, würdigte aber gerne neidlos "das faschingsmäßig besonders aktive" Markt Erlbach. Auf dieses zeigte sich Bürgermeisterin Dr. Birgit Kreß stolz und vermerkte mit einem Schmunzeln die zunehmende weibliche Dominanz in der "Erber Fosernacht", belegt durch die neue Präsidentin des Fastnachtskomitees, Simone Fahsl, sowie Sitzungspräsidentin Andrea Tiefel, die mit Vizepräsident Oliver Cesinger sowie dem Prinzenpaar Tina Ruppe und Christian Brunner in den Startlöchern der neuen Session stehen.
Um die Tradition nicht bange
Autor Dietrich Heber war es in Markt Erlbach "um die Fastnachtstradition nicht bange", die sich mit einem weiteren Jubiläum verbindet, das man 2018 mit "80 Jahre Faschingszeitung" feiern könnte. Die 1977 gefeierten 175 Jahre Erber Fastnachtsumzüge hingegen führte er auf eine Fehleinschätzung zurück. Nach seinen historischen Forschungen lässt sich das im Zusammenhang mit der Schützengesellschaft genannte Jahr 1822 "nicht halten".

Um die Jahrhundertwende von 1800 erlischt die fastnachtliche Tradition, was Herber in seinen Schilderung bei der Buchvorstellung auf Unruhen, Kriege und politische Ereignisse zurückführte. Ab den 30-er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde er wieder mit Nachweisen fastnachtlicher Aktivitäten fündig, gleichwohl "mit strukturellen Änderungen des Brauchtums und neuen Akzenten". Militärische Garden sieht Heber von Napoleons Truppen beeinflusst und leitet den Elferrat von den Anfangsbuchstaben "E-L-F" der Schlagworte der Französischen Revolution für den Elferrat ab. Um 1890 habe der Turnverein mit einem Kränzchen fastnachtliches Treiben wieder aufgenommen stellt der Autor in der 180-seitigen Chronik fest und verweist darin auf ein Protokoll von 1892 mit dem Beschluss, am Faschingsdienstag einen Maskenzug sowie am Abend eine Karnevalsveranstaltung durchzuführen, wofür eigens ein Komitee rekrutiert worden war.
Nach dem Ersten Weltkrieg lebte fastnachtliches Brauchtum zunächst nur sporadisch auf, dann ab 1921 bis 1939 vom Markt Erlbacher "Junggesellenclub Elegante Welt" mit Bällen sowie der "Liedertafel" mit Unterhaltungsabenden wieder in Schwung gebracht. Vereinsprotokolle und Zeitungsberichte sprudeln als Informationsquellen über das muntere Treiben. Der Junggesellenclub "Cones" ist es auch, der nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 zum ersten Ball und Fastnachtsumzug einlud.
Viele Erinnerungen werden wach
Im Altlandkreis Neustadt/Aisch sollen "von Neujahr 1949 bis Faschingsdienstag 187 Tanzveranstaltungen aller Art, Bälle, Hausbälle, Tanzkränzchen und Kappenabende stattgefunden haben", schreibt Dietrich Heber, der seine Chronik bis in die Gegenwart reichhaltig illustrierte und damit Erinnerungen an Ereignisse und Akteure sowie an Neuerungen wie die Einführung der "Faschingszeitung" weckt. So sind sich die Protagonisten der „Erber Fosernacht“ sicher, dass die Lektüre der Chronik vielen Lesern der "mitunter originellen wieder hervorgerufenen Geschichten und Bilder das eine oder andere Schmunzeln entlocken wird".
Bürgermeisterin Dr. Birgit Kreß würdigte Herbers "wertvolle Schrift, die nicht nur eingefleischte Fosernachtsfreunde beglücken" werde, ebenso wie das Bewahren des Brauchtums durch die Faschingskomitees als "feste Kulturträger unserer Gemeinde". Dass Dietrich Heber den Markt Erlbachern in enger Verbundenheit seine Arbeit schenkte, wurde mit viel Beifall und "Erba Aha" bejubelt. Das Saxopohon-, auch "Staubsauger-Quintett“ genannte Ensemble des "Rangau Musikzuges" sorgte für den schwungvollen Rahmen der Buchvorstellung, nach der Heber eifrig seine Chronik ebenso signieren musste, wie deren Impulsgeber Franz Kirchhöfer.
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