Umstrittene Flüchtlingsunterkunft Kotzenaurach geräumt
14.04.2016, 17:50 Uhr
Das einstige Hotel-Restaurant in Kotzenaurach war, wie mehrfach berichtet, seit Januar 2012 zeitweise mit so vielen Flüchtlingen belegt, dass sich wegen des Ungleichgewichtes zur Bevölkerungszahl sogar der Petitionsausschuss des Landtages mit der Unterkunft befasste. Die von ihm festgelegte Obergrenze von 25 Asylbewerbern war allerdings beim starken Zustrom der Flüchtlinge im Sommer und Herbst letzten Jahres und deren Zuteilung an die Landkreise nicht einzuhalten, die auch kurzfristig zusätzliche dezentrale Unterkünfte nötig machte.
So hatte Landrat Weiß vor gut sechs Monaten Markt Erlbachs Bürgermeisterin Birgit Kreß darüber informieren müssen, dass die Kreisverwaltung "aufgrund der Ereignisse auf den Hauptflüchtlingsrouten" gezwungen gewesen sei, weitere Asylbewerber in Kotzenaurach unterzubringen. Allen Beteiligten sei damals bewusst gewesen, dass die vom Petitionsausschuss gewünschte Obergrenze überschritten werden musste und es "zu diesem Zeitpunkt trotz anderslautender Meinungen in der Kürze auch keine praktikableren Alternativen gab".
Mit der langsam beginnenden "Normalisierung" der Flüchtlingszugänge in Deutschland habe die Kreisverwaltung bereits Mitte Januar damit begonnen, die Belegungszahl in Kotzenaurach zu reduzieren. So sei zum Stichtag 4. Februar die vom Petitionsausschuss vorgegebene Obergrenze mit 24 untergebrachten Asylbewerbern wieder unterschritten worden und seit Dienstag dieser Woche "kein offizieller Asylbewerber mehr von Seiten des Freistaates Bayern in Kotzenaurach dezentral untergebracht".
Hoffen auf Bestand der Lage
Ihm sei bewusst, so Landrat Weiß in einem Schreiben an die Landtagsabgeordneten und an Bürgermeisterin Birgit Kreß, "dass die aktuelle Situation mit oftmals dramatischen und menschenunwürdigen Zuständen gerade in den Herkunftsländern, auf den Flüchtlingsrouten und in den zahlreichen Flüchtlingslagern in Griechenland und der Türkei, des Nahen Ostens und der nordafrikanischen Küste, in keiner Weise eine Entwarnung an der allgemeinen Flüchtlingssituation zulässt. Vielmehr drohen vor den Toren Europas und fernab unserer Heimat neue humanitäre Katastrophen, deren Ursachen von der internationalen Gemeinschaft dringendst angegangen werden müssen".
Weiß hofft, "dass wir in den nächsten Monaten und Jahren nicht noch einmal eine Flüchtlingssituation in unserem Lande erleben müssen, wie wir sie insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2015 erfahren mussten", und dass der Landkreis nicht wieder auf die Unterbringung in Beherbergungsbetrieben zurückgreifen müsse. Die Erfahrung habe gezeigt, "dass dies gänzlich nicht ausgeschlossen werden kann".
Dankadresse an Bürgerschaft
Der Landrat dankte Bürgermeisterin Kreß, insbesondere aber auch den Bürgerinnen und Bürgern Kotzenaurachs "ganz herzlich dafür, dass sie in den mehr als vier Jahren es mehr oder weniger mitgetragen haben, dass in Kotzenaurach Menschen kurzzeitig Schutz und Zuflucht finden konnten". Positiv habe er es bei den zahleichen Gesprächen und Situationen empfunden, "dass wir uns trotz allen persönlichen Sorgen und Meinungsverschiedenheiten immer sachlich und ohne größere persönliche Schuldzuweisungen unterhalten konnten. Besondere Situationen fordern auch besondere Maßnahmen. Sie dürfen mir glauben, dass ich oftmals gerne anders entschieden hätte, wenn nicht die Umstände, in der wir waren, so angespannt und kurzzeitig fast schier ausweglos waren".
Es sei nun zu hoffen und zu wünschen, "dass die so wichtigen politischen, ökologischen und ökonomischen Veränderungen, die unsere Welt und unsere nächsten Generationen so dringend benötigen, erreicht werden können".
Markt Erlbachs Bürgermeisterin Birgit Kreß freut sich für die Bevölkerung von Kotzenaurach wie auch für die Flüchtlingsfamilien, denen sich in neuen Unterkünften vielleicht verbesserte Lebensbedingungen bieten, über die aktuelle Situation im Ortsteil. Andererseits bedauerte sie es gegenüber nn-online, dass die Flüchtlingskinder aus den Gemeinschaften in Kindertagesstätte und Schule gerissen würden, in die sie eingebunden gewesen seien. Inwieweit sich ihr Abzug auf die anstehende Klassenplanung auswirke, sei noch nicht abzusehen. Wie Landrat Weiß hegt sie die Hoffnung, dass die Flüchtlingssituation in Deutschland so entspannt bleibt und sich nicht mit den Auswirkungen auf die Kommunen wieder neu zuspitzt.
Notunterkunft in Uffenheim zum 30. April geschlossen
Aufgrund der aktuellen Entwicklung bei den Zugängen von Asylbewerbern wird nach Auskunft aus dem Landratsamt die seit 14. März im "Standby-Betrieb" befindliche Notunterkunft in Uffenheim zum 30. April geschlossen. Der Rückbau der im Besitz des Landkreises befindlichen Immobilie (ehemaliges Berufsschulzentrum) wird in den nächsten Tagen beginnen und einige Zeit in Anspruch nehmen.
Die Notunterkunft in Scheinfeld wird zum 1. Mai in den "Standby-Betrieb" versetzt. In der vom Freistaat Bayern angemieteten Immobilie (ehemaliger REWE-Markt) wird nur der Betrieb eingestellt. Das Objekt wird weiterhin durch eine externe Sicherheitsfirma bewacht. Aktuell sind fünf Asylbewerber in der Notunterkunft untergebracht.
Dieser Artikel wurde am 14. April um 17.50 Uhr aktualisiert.
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