NSU-Morde: Verhinderten Profiler eine raschere Aufklärung?
18.9.2014, 22:10 UhrBereits 2005, sechs Jahre vor dem Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrundes“, haben Polizeibeamte einen Zusammenhang zwischen den Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle vermutet. Das geht aus der Zeugenaussage eines bayerischen Kriminalbeamten am Donnerstag vor dem Münchner Oberlandesgericht hervor.
Danach hegten die Ermittler den Verdacht, dass der Sprengstoffanschlag an der Kölner Keupstraße 2004 von denselben Tätern begangen worden sein könnte wie der Mord an dem Nürnberger Imbisswirt Ismail Yasar 2005. Die Experten der „Operativen Fallanalyse“ hätten die Fälle aber für zu unterschiedlich gehalten und eine vergleichende Analyse deshalb abgelehnt, sagte der Polizist.
Nach Darstellung des Ermittlers hatte eine Zeugin nach der Ermordung eines Imbisswirts in Nürnberg zwei Radfahrer bemerkt und das der Polizei gemeldet. Bei den Männer handelte es sich mutmaßlich um Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Wenige Monate nach dem Anschlag habe sich der Leiter der zuständigen Ermittlungsgruppe zu dem Anschlag in Köln bei der bayerischen Polizei gemeldet und mitgeteilt, dass es auch dort zwei Radfahrer als Tatverdächtige gebe. Sie seien von einer Überwachungskamera gefilmt worden.
Vergleich zwischen "Äpfel und Birnen"
Beide Polizeibehörden hätten daraufhin vereinbart, Informationen auszutauschen und die Ermittlungen zu koordinieren. Die Beamten aus NRW hätten ihren Kollegen in Bayern das Überwachungsvideo zur Verfügung gestellt. Das hätten die bayerischen Polizisten der Zeugin aus Nürnberg gezeigt. Sie habe die beiden Männer „ziemlich sicher“ wiedererkannt, sagte der Beamte. Vertieft worden sei die gemeinsame Ermittlungsarbeit aber dennoch nicht. Das habe daran gelegen, dass die Experten der „Operativen Fallanalyse“ die „Ceska“-Morde und den Kölner Bombenanschlag für nicht vergleichbar hielten. Einer der sogenannten Profiler sei der Ansicht gewesen, das sei wie ein Vergleich zwischen „Äpfel und Birnen“.
Die Profiler hätten stattdessen über einen „sehr persönlichen Grund“ wie Rache als Motiv spekuliert und erklärt, es gebe „eher keinen politischen Hintergrund“. Der Umstand, dass die mutmaßlichen Täter mit dem Fahrrad kamen, spreche dafür, dass sie in der Nähe des Tatorts wohnten. Am Nachmittag stellten im NSU-Prozess mehrere Vertreter von Nebenklägern umfangreiche Beweiseinträge, mit denen die Unterstützerszene der rechtsextremen Terroristen aufgedeckt werden soll. Dabei geht es um organisierte Netzwerke und Organisationen wie „Blood & Honour“ oder den Hammerskins. Anführer dieser Neonazi- und Skinhead-Gruppen hätten das untergetauchte Trio systematisch unterstützt, hieß es zur Begründung.
Sie hätten Übernachtungsplätze organisiert, ein Nachtsichtgerät und andere Ausrüstungsgegenstände beschafft, Solidaritätskonzerte veranstaltet oder auf regelmäßigen Treffen Aktionen besprochen. Einer der Schwerpunkte sei die Szene in Chemnitz gewesen. Die Nebenkläger benannten mehrere Personen und forderten ihre Ladung in den Zeugenstand. Zuvor hatte ein Schweizer Polizeibeamter als Zeuge im NSU-Prozess über seine Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Waffenbeschaffer des NSU berichtet.
Der Mann, der mit einem Jugendfreund von Uwe Böhnhardt aus Jena befreundet ist, hat nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft 1996 die Pistole vom Typ „Ceska“ bekommen und soll sie an die Szene um Beate Zschäpe weitergegeben haben. Allerdings hat er das bestritten. Der Ermittler soll im Oktober erneut befragt werden.
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