1. Juni 1967: „Prost“ auf den Wein

1.6.2017, 14:00 Uhr
1. Juni 1967: „Prost“ auf den Wein

© Gerardi

Dieser bundesrepublikanischen Werbung um den köstlichen Rebensaft huldigten Minister, Erzeuger, Einzelhändler, Wirte und Kommunalpolitiker, quasi stellvertretend für die Verbraucher. An vier "Weinbrunnen" in der Stadt durfte sich jeder Bürger der Stadt ein Gläschen genehmigen. Die Gäste des Weinfestes in der Meistersingerhalle "probten" bis nach Mitternacht.

1. Juni 1967: „Prost“ auf den Wein

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Begonnen hatte die "Bundesweinwoche" mit einem Stehempfang im Großen Sitzungssaal des Rathauses. Mehr als 150 Repräsentanten des Fachgebietes Wein waren gekommen und hörten sich etliche poetisch durchsetzte, die Stimmung bereichernde Reden an. Mit Schmunzeln vernahmen die Teilnehmer, daß der Oberbürgermeister ("in der Industrieregion gedacht, leben hier über eine Million Menschen") an das "Weinbaugebiet Mittelfranken erinnerte, denn Iphofen gehöre ja dazu…

Vor dem traditionellen Bratwurstessen im Rittersaal der Kaiserburg erläuterten der Präsident des Deutschen Weinbauverbandes, Werner Tyrell, Bonn, und Staatsminister Oskar Stübinger, Mainz, daß von 1970 an die Zollschranken für die Weinzufuhr fallen und daß der Konkurrenzkampf dann erst beginne. Immerhin aber vertraue man auf die "Zunge des deutschen Weintrinkers", denn die Qualität sei entscheidend. Genau dokumentiert hieß das so: "Der Weinabsatz kann nur über das Vertrauen des Verbrauchers in Echtheit und Wahrheit von Wein und Etikett florieren!"

1. Juni 1967: „Prost“ auf den Wein

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Eine von allen Seiten begrüßte Idee der Veranstalter war es - neben Landwirtschaftsrat a. D. Friedrich Cornlesen, Mainz, hatte sich auch der Nürnberger Vorsitzende des Bezirks-Einzelhandelsverbandes, Heinrich Wiebell, um die Organisation bemüht - kurz vor dem Mahl einen stilvollen Hans Sachs zu "servieren". In Gestalt von Wilhelm Wießmeier, Laienspieler bei der Volkshochschule, kam er und sprach: "… daß jedes Jahr ein bess‘rer Wein noch wachs, das wünscht von Herzen euch Hans Sachs!" Auch er vergaß zu berichten, daß schon im Mittelalter an der Hallerwiese Nürnberger Wein gebaut wurde.

Die Kreszenzen selber, die bei Tisch aus mehreren Anbaugebieten ausgeschenkt wurden, verrieten "Art" und lenkten die Gäste bei ihrem Genuß von den Problemen ab, die Vertreter der Weinwirtschaft vortrugen und die kommerziellen Inhalt hatten. Wie immer aber bei Menschen, denen der Wein ein Freundenbringer ist, obsiegte die Lust - ob sie nun aus Baden, Franken, vom Rhein oder aus der Pfalz kamen - den Tag zu feiern und mit Wonne zu plaudern.

Bei den vier Weinbrunnen, die am Hauptmarkt, Kornmarkt, Weißen Turm und in der Königstraße aufgebaut sind, ging‘s nicht minder lebhaft zu. Sogar für einen Pfennig war eine Flasche Wein zu haben. Abends dann in der Meistersingerhalle gab‘s weiterhin eine Laudatio nach der andern auf den deutschen Wein. Schöne Lieder erklangen aus allen Weingauen. Das Motto zur Eröffnung der Deutschen Weinwoche stimmte: "Wein ist ein traditionelles Mittel lebensfrohen Genießens!"

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