Nach Nazi-Aufmarsch in Nürnberg: Bußgeldverfahren eingeleitet

26.2.2019, 19:38 Uhr

"Das ist widerlich. Das ist inakzeptabel. Das ist auf das Schärfste zu verurteilen." Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) lässt keinen Zweifel daran, was er von der "Provokation der rechten Szene" an der Steintribüne hält. Normalerweise sei der Ort kein Treffpunkt der Ewiggestrigen, behauptet er. Doch die Entwicklung müsse alarmieren.

Die Staatsanwaltschaft prüfe den Tatbestand der Volksverhetzung, so Maly. "Wir eröffnen ein Bußgeldverfahren wegen einer nicht angemeldeten Versammlung", ergänzt Robert Pollack, Vizechef des Ordnungsamt. Dem Versammlungsleiter des Aufmarsches droht ein Bußgeld von bis zu 3000 Euro. Die Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg prüft auch, ob rechtliche Schritte gegen Veranstalter und den Video-Kanal-Betreiber möglich sind.

Wie berichtet, tauchte im Internet ein Video eines Fackelzugs einer rechten Gruppierung auf, die sich "Wodans Erben" nennt. Diese Versammlung beginnt vor den Grundig-Türmen in der Beuthener Straße, in der Flüchtlinge untergebracht sind, und endet auf der Zeppelintribüne auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände. Etwas mehr als ein Dutzend Menschen stehen auf der Steintribüne, auf der Adolf Hitler während der NS-Zeit seine Hetzreden gehalten hat, mit Fackeln in der Hand. Unterlegt ist das Video mit der ersten Strophe des Deutschlandlieds, die von den Nationalsozialisten gesunden wurde.


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Das Video wird über einen Youtube-Kanal verbreitet, für den sich in einem anderen Video ein früherer Mitarbeiter der Bürgerinitiative Ausländerstopp, Bobby Grund, und NPD-Aktivist Frank Auterhoff als Verantwortliche zu erkennen geben. Beide traten zuletzt auch mit sogenannten Schutzzonen-Streifen in Erscheinung.

Die Beteiligten des rechten Aufmarschs vom 23. Februar wurden sogar von der Polizei kontrolliert. Von der 18-köpfigen Gruppe, die sich laut Polizei "aus überregionalen Aktivisten der NPD und ,Wodans-Erben Germanien‘ zusammensetzte, stammen sieben Personen aus Nürnberg. Die anderen kommen aus München, dem Erzgebirge, aus Erlangen und aus dem Schwäbischen. Man habe die Identitäten festgestellt und einen Platzverweis im Umkreis von 200 Metern um die Asylunterkunft ausgestellt, so Sprecherin Elke Schönwald.

"Durch die ab 17 Uhr durchgeführte Kontrolle waren aus Sicht des Polizeiführers zu diesem Zeitpunkt alle zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen getroffen. Für weitere geplante Aktionen lagen keine konkreten Erkenntnisse vor und die uniformierten Kräfte wurden daraufhin abgezogen", heißt es.

Was die Polizei nicht auf dem Schirm hatte: Die rechtsextreme Gruppe traf sich später vor der Zeppelintribüne erneut. "Letztendlich wurde durch die eingesetzten Kräfte der Fortgang des Geschehens im Vorfeld in dieser dynamischen Situation nicht ausreichend erkannt und in die vorzunehmende Lagebewertung einbezogen", räumt die Polizei ein.


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"Zudem ergaben sich aus der sich schnell entwickelten Situation und dem Umstand, dass bereits uniformierte Kräfte abgezogen waren, Zeitverzögerungen, die ein rasches Eingreifen verhinderten", so Schönwald weiter. Sie bedauert, dass Neonazis "den historisch belasteten Ort für ihre Propagandazwecke missbrauchen konnten".

Allianz-Sprecher: "Ein Skandal"

"Eine Versammlung mit Fackeln hätten wir untersagt", stellt Pollack klar. Ein generelles Verbot für Versammlungen im Bereich der Steintribüne gebe es nicht. Es werde bei der Anmeldung einer Versammlung geprüft, ob von der Veranstaltung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Hierzu gehöre auch die Frage, ob die Würde der Opfer des Nationalsozialismus angetastet werde. Eine Videoüberwachung des Geländes hält Maly aus rechtlichen Gründen für nicht realisierbar.

"Es ist ein Skandal, dass Mitglieder einer rechten Gruppierung ungehindert ihren Fackelmarsch am Reichsparteitagsgelände durchführen konnten. Gerade in einer Stadt wie Nürnberg sind alle Demokraten gefordert, klar Kante zu zeigen", sagt Allianz-Vorsitzender Stephan Doll. Der Fackelmarsch sei eine neue Qualität, so ein Verfassungsschutz-Sprecher. "Hier ist von einer bewussten Anlehnung an den historischen Nationalsozialismus auszugehen."