14. März 1967: Räume für 123 Berufe

14.3.2017, 07:00 Uhr
14. März 1967: Räume für 123 Berufe

© Ulrich

2.050 Jungen und 1.138 Mädchen werden künftig in 130 Klassen dort unterrichtet. Die Stadt Nürnberg hat ihnen ein berufliches Bildungszentrum geschenkt, dessen Ausstattung beispielhaft ist. Für den fünfgeschossigen Hauptbau an der Bartholomäusstraße und den dreigeschossigen Flügelbau an der Sulzbacher Straße wurden 6.210.000 DM ausgegeben.

Weitere 870.000 DM kostete der erste Trakt der Schule mit fünf Klassenzimmern und vier Werkstätten, der schon 1959 errichtet wurde. Die Bedeutung der neuen Bildungsstätte veranschaulichten die Schülerinnen und Schüler selbst, als sie zu Beginn der Einweihungsfeier in die Pausenhalle einzogen und sich in den verschiedensten Berufskleidungen um die Ehrengäste gruppierten. Insgesamt 123 Berufssparten, von den Apothekenhelferinnen bis zu den Zuckerbäckern, freuen sich über die neuen Schulräume und Werkstätten.

14. März 1967: Räume für 123 Berufe

© Ulrich

Das Einzugsgebiet der Anstalt umfaßt weite Teile Frankens. Es reicht teilweise sogar bis Aschaffenburg und Eichstätt. Oberbürgermeister Dr. Urschlechter wies daraus die Bedeutung der Stadt Nürnberg als Zentrum einer Region auch auf schulischem Gebiet nach. Er verteidigte den modernen Bau gegen Kritiker, die zu größerer Bescheidenheit mahnten und sagte, man habe bewußt nicht nach den Grundsätzen des 19. Jahrhunderts, sondern aus der Gegenwart für die Zukunft gebaut. Sein Dank galt nicht zuletzt dem Steuerzahler, dessen Beiträge hier zum Nutzen der Jugend verwendet wurden. Hohes Lob zollte er auch den Kammern, Innungen und Verbänden, die wesentliche Teile des wertvollen Inventars beigesteuert haben.

Baureferent Heinz Schmeißner konnte den zahlreichen Stadträten unter den Ehrengästen versichern, daß man sparsam, aber grundsolide gebaut und den Voranschlag nicht überschritten habe. Der Gesamtbaukörper mit 32.650 cbm weist eine Nutzfläche von 7.500 qm aus. Für Entwurf und Oberbauleitung zeichnet Architekt BDA Karlheinz Maisch in Zusammenarbeit mit dem Hauptamt für Hochbauwesen unter Oberbaudirektor Otto Peter Görl verantwortlich. Ihnen und allen Mitarbeitern dankte der Baureferent für ihr vorbildliches Schaffen. Ein dritter Bauabschnitt mit Werkstätten für das graphische Gewerbe ist grundstücksmäßig gesichert. Wann er finanziell verkraftet werden kann, steht allerdings noch nicht fest.

Über eine Stunde dauerte nach der Feierstunde der Rundgang der Ehrengäste durch die neue Schule. Er begann in den blitzblanken Labors der Brauer und Destillateure und führte durch die Dunkelkammern und Ateliers der Photographen.

Treppauf ging es dann durch plattenverkleidete Korridore in hörsaalähnliche Unterrichtsräume und mustergültig eingerichtete Werkstätten. Theorie und Praxis gehen bei Schaufenstergestaltern und Drogisten, bei Feintäschnern und Apothekenhelferinnen Hand in Hand. Die Bahnjungwerker hatten eine Modellanlage aufgebaut, die Bäcker verteilten vor ihrem riesigen Backofen leckere Kostproben und die Gärtner führten hoch oben unter dem Dach in ein mit Blumen bestücktes Gewächshaus. Endstation war schließlich das Reich der Köche und Kellner, die mit einem appetitanregenden Imbiß aufwarteten. Tischgespräch war, wo immer man hinhörte, Lob und Anerkennung für die vorbildliche neue Schule.

Die Übergabe des neuen Traktes der Berufsschule III geschah nicht nur mit schönen Worten, sondern auch mit einer kleinen, doch gediegenen Kunstausstellung. Heinz Weidlich, Lehrer für schmückende und graphische Berufe, inszenierte sie, ehemalige Schüler dieser Schule beteiligten sich: der Graphiker H. W. Bauer, der Bühnenbildner Manfred Distler, der Maler Jörg Christian Remé.

Die städtischen Baubehörden taten für diesen Bau ein Übriges an Kunst: im gläsernen Portal spiegeln sich Karl Reidels bronzene Reiter, die Marini nachempfunden sind; eine abstrakte Arbeit Egon Eppichs ziert die Fassade; in der Aula setzen Säulen, von Johann Helmut Schmidt-Rednitz mit abstraktem Mosaik dekoriert, frische Akzente. Ein gedämpftfarbiges Fresko schuf Brigitta Heyduck für den Erfrischungsraum: auf aufgeklappten Tischflächen breitet sie den jugendlichen Gästen das Gerät des Alltags aus, harte, starre Fläche geschickt ausspielend gegen freundliche, herzhafte Formen. Sie ist gut, diese Arbeit. Der Stadt und ihren Künstlern unser Kompliment.

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