15. Juni 1968: Herr über Schlösser und Baracken
15.6.2018, 07:00 UhrNürnberg mißt 13.466,8 Hektar, der Stadt Nürnberg gehören davon 3.183,08. Selbst fernab ihrer Mauern ist sie Besitzerin von knapp mehr als 100 Hektar Land, beispielsweise rund um die Burg Hoheneck, das Kinderheim Oberachtel und die Ammerhöfe bei Weilheim.
So stattlich diese Zahlen klingen, so gut ist die Stadt wiederum nicht dran – weder aus der Sicht ihrer Geschichte noch der Gegenwart. Zu Zeiten der freien Reichsstadt reichte das Nürnberger Land bis hinaus zum Hohenstein und nach Velden; der Reichswald mit seinen beiden Seiten bildete das wertvolle Hinterland des mauerbewehrten Zentrums von heute. Als sich das Königreich Bayern die freie Reichsstadt im Jahre 1806 einverleibte, kassierte es ihre Schulden und ihren Wald samt einiger anderer Dinge, die nicht niet- und nagelfest waren.
Von diesem Schlag hat sich der Grundbesitzer Nürnberg bis auf den heutigen Tag nicht mehr recht erholt und murrt gelegentlich auch darüber, daß der Freistaat Bayern sich zugeknöpft zeigt, wenn die Stadt seinen Reichswald anknabbern will. Der einzige große Landgewinn war nur im Gefolge der Reichsparteitage möglich, während gerade in den ausgehenden dreißiger Jahren die Landeshauptstadt München munter aus ihrer Umgebung eingemeindete und den Grundstocke für ihren Reichtum an Grundbesitz legte.
Nur wenig Bodenvorräte
Die weißblaue Metropole kann 13.905 Hektar als ihr Eigentum bezeichnen, eine größere Fläche als ganz Nürnberg. Von dem Boden der Landeshauptstadt besitzt sie 45 Prozent. Nürnberg mit seinen stadteigenen Flächen von 3.183,08 Hektar hält nur 24,3 Prozent des gesamten Gemeindegebiets für sich. Selbst Kritiker der städtischen Grundstückspolitik müssen ihm daher bescheinigen, daß seine Bodenvorräte – gemessen an der Größe und Lebenskraft der Stadt – sehr bescheiden sind. Aber daran wird sich so schnell kaum etwas ändern, denn noch steht der Preis für Grundstücke zu hoch, um in einer Art "Aktion Eichhörnchen" für die Zukunft einzukaufen.
Trostlos ist die Lage freilich nicht, denn ein Blick in die Statistik zeigt, daß unmittelbar hinter Straßen, Wegen und Plätzen mit 1140,4 Hektar (mehr als ein Drittel des städtischen Eigentums) Bauplätze, Äcker, Wiesenflächen und sonstige unbebaute Grundstücke mit einer Gesamtgröße von 1.085,01 Hektar folgen. Park-, Grün- und Sportanlagen breiten, sich auf 284,2 Hektar. aus, Friedhöfe auf 112,6 Hektar und Kleingärten auf 72,9 Hektar, Im Knoblauchsland hat die Stadt 170 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen, die verpachtet sind, sofern sie an den Mann zu bringen waren.
Der städtische Besitz reicht weit – von der historischen Mauer bis zum Atelier, vom Gut bis zum Kinderheim. In ihren Grenzen gehören der Stadt die früheren Patriziersitze Schloß Hummelstein, Almoshof und Mögeldorf. Außerhalb kann sie sich Gutsherr auf Burg Hoheneck, einem Schullandheim, nennen und darf die rotweißen Farben über dem Erholungsheim Ruhpolding, den Kinderheimen Pfeifferhütte, Rückersdorf und Oberachtel aufziehen.
1360 Quadratmeter in Fürth
Kleine Nürnberger Inseln finden sich überall in der näheren Umgebung, auch wenn sie nicht bebaut sind. In Fischbach gehören 1,6 Hektar Land, darunter die Fürsorgewohnungen am Straßenholz, der Stadt, in Stein 7,7 Hektar Ackerland, in Wolkersdorf 5,4 Hektar, vornehmlich Wald, in Poppenreuth 0,7 und in Neunhof 0,2 Hektar, Unmittelbar vor ihren Toren im Osten gibt sie sich als Gutsherr, denn in Mittelbürg bei Schwaig befaßt sie sich auf 29,6 Hektar mit Ackerbau und Viehzucht. Ein großer Misthaufen, in Nürnberg selbst unerwünscht, rundet hier das Bild ab.
Die meisten dieser auswärtigen Besitztümer, sofern nicht Kinderheime oder Burgen und Güter, sind durch Erbschaft an Nürnberg gefallen. Auf diese bequeme Art ist die Stadt auch in Fürth zum größten Teil zu einer bescheidenen Fläche von insgesamt 1.360 Quadratmetern gekommen, die sich in Wiesen und Wege aufteilen. Einige Fleckchen des Fürther Bodens nahe der Kurgartenbrücke mußten allerdings auch mit in bar aufgewogen werden, weil sie für die Schnellstraße benötigt werden.
Die Stadt hingegen zeigt ihr einnehmendes Wesen, wenn sich jemand auf ihren öffentlichen Flächen breitmachen will, sei es auch nur, um Obst vor dem Laden anzubieten, Für 132 Fahrradständer kassiert sie ebenso wie für 55 Standorte von Heringsbratern und 23 Plätzen von Brezenverkäufern. Die Fahrradständer sind freilich zu einem unsicheren Geschäft geworden, denn ihre Zahl geht stetig zurück (im Jahre 1960 gab es noch 257). Dafür aber schießen die Parkuhren wie Pilze aus dem Boden, die auch keine schlechte Quelle für den Stadtsäckel abgeben...
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