16. März 1968: Ein uralter Hof verfällt
16.3.2018, 07:00 UhrVerwittert und altersschwach geworden sind die zweigeschossigen, offenen Galerien, die die Westwand des Vorderhauses sowie die Längswand des Flügelbaus umziehen und den Hof zu den wertvollsten machen, die den Krieg überdauert haben. Die Eigentümerin, die im Anwesen eine Großhandlung betreibt und die alten Bauten zu Lagerzwecken benutzt, versichert, daß ihr die Mittel fehlen. Auch die Stadt und das Landesamt für Denkmalspflege können keine hohen Zuschüsse zur kostspieligen Instandsetzung leisten.
Während das Vorderhaus im Kriege den Bomben zum Opfer fiel und inzwischen wieder aufgebaut wurde, blieb der am Nordrand des Hofes verlaufende alte Flügelbau fast unversehrt. Sein Erdgeschoß aus Sandstein stammt aus dem späten 15. Jahrhundert, während die Obergeschosse mit den Holzgalerien im späten 16. oder im frühen 17. Jahrhundert erbaut worden sind.
Dr. Wilhelm Schwemmer hat das Haus und den Hof im sechsten Band der vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg herausgegebenen Reihe "Nürnberger Forschungen" in allen Einzelheiten beschrieben: "Der malerische Reiz der Anlage wird dadurch gesteigert, daß der östliche und westliche Teil der Galerien nicht rechtwinklig aneinanderstoßen. Die Ecke ist abgeschrägt. Außerdem bildet die kanzelartige, polygone Ausbuchtung am südlichen Ende einen markanten Abschluß."
"Die untere Galerie wird durch schlichte, profilierte Holzpfeiler und mit Voluten ornamentierten Wandstreben gestützt. Zwischen der Galerie des ersten und zweiten Stockwerks befinden sich fünf hölzerne Stützsäulen in toskanischer Art, die als pilasterartig verstärkten Balustern auf der Brüstung ruhen. Über dem zweiten Obergeschoß der Galerie ragt das Dach des Flügelbaues weit vor. Es dienen nur einfache Balken als Stützsäulen."
So schreibt der Kenner der Nürnberger Geschichte, der schon früher einmal die Stadt zum Kauf des Hofes angeregt hat, um ihn in das Spielzeugmuseum einzubeziehen. Dieser Plan ist freilich zu den Akten gelegt worden. "Der Verfall ist bedauerlich, aber der Hof ist städtebaulich nicht so interessant, um hohe Ausgaben der Stadt zu rechtfertigen. Und mit 1000 Mark ist es nicht getan", erklärt Baudirektor Harald Clauß, der im Hochbauamt für die Denkmalspflege zuständig ist.
Gerade aber vom Landesamt für Denkmalspflege will die Eigentümerin nicht viel wissen, seit eine Sachverständigen-Gruppe den Bau besichtigt und einen Zuschuß von 5000 Mark angeboten hat, der ihr zu gering erschien. „Wir wollen nichts mehr richten lassen, denn dazu fehlt uns das Geld“, sagt sie und es klingt so, als sei es das letzte Wort.
Einer der interessantesten Höfe, die Nürnberg noch besitzt – es sind nur noch ein halbes Dutzend – , wird deshalb in einiger Zeit endgültig verschwunden sein.
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