16. November 1967: Sololauf durch das Kreuzverhör

K. E.

16.11.2017, 07:00 Uhr
16. November 1967: Sololauf durch das Kreuzverhör

© Ulrich

Der Beweis: ein bis auf den letzten Platz besetzter kleiner Saal der Meistersingerhalle und die Zuhörerreihen im Foyer vor den Fernsehschirmen, die damit einem Fernauge auf der Bühne von den Grundig-Werken zur Verfügung gestellt worden waren. Der elegante Herr, über den zur Stunde mehr geschrieben ward als über Politiker und Filmstars, bot bei der dritten NN-Veranstaltung „Zu Gast bei ...“ was sein Publikum erwartete. Er absolvierte einen gekonnten Sololauf durch das Kreuzfeuer der Fragen, wobei leider auf dem Papier nur die Worte festgehalten werden können, nicht jedoch die Wiener Manier, mit der sie gesprochen wurden.

Von seinen ersten tastenden Trainerschritten in Holland bis zum geheimnisumwitterten Geschehen während der Halbzeit-Pause in der Kabine reichten die Themen, auf die die Nürnberger Antwort heischten.

Die Fragestunde bei Max Merkel hatte schon lebhaft begonnen, denn seine Verehrer, die keine Saalkarte ergattern konnten, inszenierten im Foyer einige Protestkundgebungen. Als kurz vor dem Beginn das Rennen auf die leeren Plätze im Saal ausgestanden war, hallte es draußen vor der Tür: „Schieber, Schieber!“ Doch diese Rufe wurden mit Gelächter quittiert. Man saß dem Mann gegenüber, der den 1. FCN aus dem Abstiegsstrudel bis an die Tabellenspitze geführt hat, und war gespannt, was bei der von Redakteur Walter Schatz geleiteten Runde herauskam. Hier ist ein Miniauszug aus dem Kreuzverhör, das mit der Frage eröffnet wurde: „Wie wird man Fußballtrainer?“

„Ich probier‘s. So ungefähr geht dös. I bin versuchsweis von Freund animiert worn, die mir gsagt ham: „Probier‘s!“ Später hob i die holländische Nationalmannschaft übernommen, dös wor wie a Lottogewinn und da hot der Aufstieg begonnen. Und Sie wissen schon, wie dös geht: no a Jahr, no a Jahr, und etz bin i in Nürnberg.“

Frage: „Warum setzen Sie Gyula Toth nicht öfter ein?“ Max Merkel: „Sie können versichert sein, daß der aufgestellt wird, der ‚da‛ ist.“ Frage: „Wenn Sie schon in Nürnberg bleiben, würde es sich nicht gut auf das Mannschaftsgefüge auswirken, wenn Sie den Vertrag jetzt unterschrieben?“ Max Merkel: „Darüber sprechn mir in der Mannschaft gar net. Da ham mir ka Zeit dazu. Aber mir verstehn uns gut, und es sind noch technische Dinge – da brauchen S´net lachn –, die geklärt werden müssen!“

Frage: „Man konnte lesen, daß Sie Gustl Starek am Samstag einsetzen. Warum erst jetzt?“ Max Merkel: „Wissen S´, der Fall Starek tut mir leid; denn i hob ihn gholt. Der liebe Gustl is 22 Johr, hot kurz vur sein Kommen gheirat. Die Übersiedlung, die Umstellung – der Starek ist no net so weit, daß er mitkummt. Ungern will er halt laufen. Sollt er in der nächstn Zeit net so weit kommen, wird man sich von ihm trennen müssen. Es wird an ihm liegen.“

Frage: „Aber am Samstag soll er wohl spielen?“ Max Merkel: „Dös is a Gewissensfrag. Die Alemannia is a Mannschaft, die zu kämpfn versteht. Wann i jetzt den Starek neitu und mir verliern, sagt a jeder: ‚Ja, spinnt denn der!‛ Dös könntn wir uns leistn, wenn wir wie der FC Köln am fünften Platz stehen würden.“

So ging das muntere Spiel mit dem Trainer, der dabei auch sein Rezept verriet: „Wenn wir auf die Deutsche Meisterschaft reflektieren, sieht sie so aus: daheim alles gewinnen müssen und auswärts alles mitnehmen was geht.“ Was Max Merkel sonst noch zum besten gab, erfahren sie in der NN-Samstagsausgabe ausführlich in Bild und Wort. Außerdem haben die Nürnberger, die gestern abend das Fußballspiel Eintracht Braunschweig – Rapid Wien vorzogen, Gelegenheit, den Clubtrainer ebenfalls auf dem Bildschirm zu sehen.

Ein Team des Zweiten Deutschen Fernsehens unter Dieter Kürten drehte bei der Veranstaltung. Ein Auszug daraus wird am Freitag zwischen 17.50 und 18.20 Uhr in den ZDF-Sportinformationen gesendet.

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