18. Februar 1968: "Beruhigungspille – keine Reform"

18.2.2018, 07:00 Uhr
18. Februar 1968:

© Kammler

Rund 200 Studenten waren gestern vormittag statt zu ihren Vorlesungen und Übungen zur Diskussion im Auditorium maximum erschienen. Die Mehrheit prangerte die Zugeständnisse der Professoren in der neuen Satzung als "Beruhigungspille" für die Studentenschaft an.

Sie sahen in dem autoritären Beschluß gegen die 1.508 Unterschriften, daß die Verabschiedung ausgesetzt und eine neue Diskussion darüber abgewartet werden soll, als endgültige Klärung der Fronten.

Schon in Flugblättern war die "Gemeinschaft zwischen Lehrenden und Lernenden" als schöne Phrase apostrophiert worden. "Freundliche Gespräche mit den Professoren auf privater Ebene bringen uns nicht weiter, das haben wir jetzt gesehen. Am Ende entscheiden nicht Argumente, sondern Interessengemeinschaft", erklärten AStA-Vorsitzender Stefan Straub und Hermann Scherl, Mitglied des Nürnberger Initiativausschusses.

Sie wollen daraus die Konsequenzen ziehen und vor allem bei der Beratung der Fakultätssatzung ihre Forderungen vorbringen und die Gegenseite eventuell auch durch gewaltlosen Widerstand zu weiteren Zugeständnissen über die Studentenbeteiligung in der engeren Fakultät zwingen.

Angst vor Untätigkeit

Aus der Empörung über die schnelle Verabschiedung gegen den Wunsch der Studenten sprach bei den meisten Diskussionsrednern die Angst, daß das Gros der Studenten wieder in Untätigkeit und Interesselosigkeit zurückversinken könnte, weil nichts mehr zu ändern sei. Einige wenige Sprecher brachten diesen Gedanken unter den Unmutsäußerungen der anderen auch vor: "Der Zug ist schon abgefahren." Doch die meisten der Studentenvertreter wollen noch einmal versuchen, ihn wieder aufzuhalten.

Wer von den Kandidaten für das elfte Studentenparlament, das in der nächste Woche vom 19. bis 21. 2. gewählt wird, dazu bereit ist, versuchten die Diskussionsteilnehmer bei der Vorstellung der Nürnberger Kandidaten herauszufinden. Denn das Studentenparlament wählt die Vertreter in die Hochschulgremien.

Die meisten von ihnen traten für Drittelparität oder Vetorecht im großen Senat ein mit der Begründung, daß es nicht auf ein, zwei oder drei Vertreter mehr ankomme, solange sie immer noch durch die Majorität der Professoren überstimmt werden könnten. Erst bei drei gleichberechtigten Interessengruppen von Professoren, Assistenten und Studenten hätten sachliche Argumente eine Chance.

An diesen Ansichten hielten die Studenten fest, obwohl Prof. Mann als einziger der Lehrenden zur Diskussion bereit war und in einer persönlichen Stellungnahme die Vorteile und Verbesserungen der neuen Satzung hervorhob.

Einig war er mit dem Rektor, daß eine vorläufige neue Satzung mit Zugeständnissen auf jeden Fall besser sei als die alte. Als besonders wesentlich sah er an, daß als eigentlich beschließendes Gremium nicht mehr der große Senat mit rund 250 Mitgliedern, sondern der akademische Senat mit nur 30 Mitgliedern, davon drei Studentenvertretern, eingesetzt wurde und damit mehr Aktionsfähigkeit gewährleistet sei und daß jetzt auch die Studentenvertreter Anträge einbringen können, weil sie mit 14 statt bisher sieben Studenten im großen Senat vertreten sind.

Beim Negativkatalog sprach er den Studenten die nötige Einsicht ab, um sie beispielsweise bei Berufungen mitstimmen lassen zu können. Er räumte allerdings ein, daß vielleicht auch ein Professor der Betriebswirtschaft für die Berufung eines Mediziners nicht kompetent sei. Er wunderte sich über das Mißtrauen der Studenten und erklärte, seit einem Jahr sei nichts Weltbewegendes mehr beschlossen worden.

"Nur die Satzung" stellten die Studenten lakonisch fest.

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