21. Juni 1968: Fällt der Sommer ins Wasser?

21.6.2018, 07:00 Uhr
21. Juni 1968: Fällt der Sommer ins Wasser?

© NN

Die Schlechtwetterperiode, die nur von einigen schönen Tagen durchbrochen worden ist, wird weiter anhalten. „Die Hitzewelle ist vorüber“, prophezeien die amtlichen Wetterfrösche im Hochhaus am Plärrer. Bedauernd zucken sie mit den Schultern: „Es bleibt kühl und unbeständig. Mit neuen Schauern und Gewittern ist zu rechnen.“ Wohl dem, der jetzt seine Koffer packen und in südlichere Gefilde fahren kann.

Angesichts der düsteren Wolken, die mit wenigen Ausnahmen schon seit Wochen die Tage verdunkeln, fragen sich jung und alt zu Recht: fällt der Sommer heuer ins Wasser?

21. Juni 1968: Fällt der Sommer ins Wasser?

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Viele sind geneigt, diese Frage schlankweg zu bejahen. Vor allem in den Wirtshäusern, die ein luftiges Gärtla ihr eigen nennen können, werden heftige Klagen angestimmt. „Das Geschäft draußen ist miserabel“, stöhnt ein Gastronom. Er kann an den Fingern abzählen, wann seine Gäste unter hohen Bäumen sitzen konnten. Auch andere Geschäftsleute haben Sorgen: die Verkäuferinnen von Bikinis und Badehosen bleiben auf ihrer Ware sitzen, die Getränkeindustrie hat schon bessere Zeiten erlebt, in den Bädern herrscht jetzt gähnende Leere und die Eisverkäufer trauen sich nicht mehr auf die Straße.

71.000 Badegäste

„Wenn wir nicht ein paar warme Tage gehabt hätten, sähe es sehr schlimm bei uns aus“, meint Badeleiter Günter Kilian vom Freibad West. Er und seine Kollegen haben die Erfahrung gemacht, daß die Besucher in Scharen kommen, wenn das Wetter einigermaßen erträglich ist. Während im Mai nur 2.000 Karten verkauft wurden, stiegen die Zahlen im ersten Junidrittel schlagartig an. „Das hat uns herausgerissen“, finden die Verantwortlichen im Badeamt, die mit der Zwischenbilanz trotz allem noch sehr zufrieden sind: mit 71.874 Gästen in den drei städtischen Freibädern wurde bis gestern sogar das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr übertroffen.

Im Stadionbad sind seit Saisoneröffnung am 15. Mai 23.456 Gäste gezählt worden, das Naturgartenbad in Erlenstegen meldet 12.185 Besucher und ins Freibad West sind bisher 36.233 Kinder und Erwachsene geströmt. In allen drei Bädern wurde am 19. Juni der stärkste Betrieb registriert: ins Freibad West kamen 6.032, Stadionbad 4.139 und ins Naturgartenbad 1.936 Wasserratten.

Geburtenwelle im Zoo

Nicht so günstig fällt das Resümee im Tiergarten aus. In den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres waren 378.000 Besucher in das Gelände am Schmausenbuck gekommen, heuer sind es erst 350.000 Personen gewesen. „Wenn wir Glück haben, können wir noch gleichziehen“, hofft Direktor Dr. Alfred Seitz. Einen Rekordansturm hatte er am Pfingstmontag erlebt, als 19.500 Gäste registriert wurden. Auch das letzte – allerdings durch den 17. Juni verlängerte – Wochenende kann sich in der Bilanz sehen lassen: 25.000 Leute strömten an diesen drei Tagen durch die Eingangstüren und schlenderten staunend an den 1500 Tieren (einschließlich der Aquarienfische) vorbei.

An Attraktionen fehlt es heuer im Tiergarten bestimmt nicht. Statt der Schönwetter-Welle hat er eine Geburtenwelle zu verzeichnen, die überall große Anerkennung findet: zu dem Giraffenkind „Nori“ gesellten sich drei junge Königstiger, ein Schabrackentapir, vier Zebra-Fohlen, drei Elen-Antilopen sowie Nachwuchs im Hirschrevier und bei den Indianer-Büffeln, Rhesusaffen und Shetlandponys.

Wie alle, die in diesen Tagen sehnsüchtig zum Himmel blicken, gibt der Tiergarten-Direktor die Hoffnung nicht auf. Man sollte meinen: der Sommer könnte wirklich einmal seinen Einzug halten. Sonst ist er vorbei, ohne daß man etwas davon gemerkt hat...

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